Fernerkundung das Thealit - Laboratorium im Herbst 96


Fernerkundung - Aufzeichnungen und Entwürfe von Reisen

Die Weltraumforschung liefert Informationen über die Erde und andere Himmelskörper. Für diese Gewinnung von Informationen aus der Ferne unter Einsatz von Satelliten und anderen Raumfahrzeugen sowie Flugzeugen wurde der Begriff "Remote Sensing", später übersetzt mit "Fernerkundung", geprägt. "Fernerkundung ist das Beobachten, Kartieren und Interpretieren von Erscheinungen auf der Erdoberfläche oder auch der Oberfläche anderer Himmelskörper - also die Gesamtheit aller Methoden, die das kontaktlose wissenschaftliche Beobachten und Erkunden eines Gebietes aus der Ferne erlauben, dabei aber nicht notwendig an den Einsatz von Flugkörpern gebunden sind." Die Fernerkundung ist also eine Technik - vergleichbar mit der Mikroskopie - gekennzeichnet durch analoge und digitale Aufnahmetechniken und verschiedenste Entfernungen von der Erdoberfläche. Diese produzieren Daten, die gelesen werden müssen. Lesbarkeit bedeutet hier genaue geometrische Auswertbarkeit.
Die Fernerkundung bringt verschiedene Medientechniken zum Einsatz. Denn photographische und elektronische Aufnahmesysteme dienen ihr zur Informationsgewinnung. Geometrische Aspekte, die die Vermessung und Projektion der kugelförmigen Erdoberfläche und physikalische Aspekte, die Eigenschaften und Intensität der elektromagnetischen Strahlen im sichtbaren und unsichtbaren Bereich betreffen, bestimmen neben neurophysiologischen Vorraussetzungen die Wahrnehmung der Bilder der Fernerkundung. Von diesem Punkt aus wird die Fernerkundung auch lesbar für wahrnehmungs- und medientheoretische Fragestellungen.
Man kann den Begriff "Fernerkundung" auf eine Reisebewegung übertragen. Auf Reisen wird die Ferne erkundet. Berichte und Entwürfe aus Bildern und Texten, die vor, während, nach oder statt der Reise sowie auch als Reise an ferne geographische Orte, in andere Zeiten, auf fremde Planeten gemacht worden sind, "dokumentieren" eine Ferne. Dabei bedient sich der Reisende wie der Wissenschaftler in der Fernerkundung verschiedener Techniken, die das Aufzeichnen, Sammeln und Ordnen betreffen. Wichtig für das Reisevergnügen ist, daß der Reisende immer zugleich hier und dort ist. Denn, so könnte man z.B. behaupten, der Reisende und Fernerkundler widmet sich mit der selben Aufmerksamkeit der Entdeckung neuer Landschaften, mit der er sich einer Ampel nähert. Er nimmt ein Signal wahr. Diese Leseweise projiziert er dann etwa auf die Meeresküsten. Dieses Beispiel macht deutlich: die Reise ist eine Bewegung zwischen hier und dort oder zwischen den Zeiten.

Fernerkundunk PLAKAT

Der Reise gleich bewegt sich auch die Fernerkundung zwischen hier und dort, nah und fern. Diese Bewegung zwischen den Orten und Zeiten ist selbst ein medientechnisches Erlebnis, produziert durch verschiedene Fernerkundungssysteme. Letztendlich heißt das: die Medientechnik (der Fernerkundung) konstituiert erst die Ferne. Als Symtom der Fernerkundung erscheint die Ferne. Die Ferne mit ihren geometrischen und physikalischen Grundlagen wird als Fiktion wahrnehmbar.
Setzt ein solches Paradigma eine externen Standpunkt voraus, oder - denkt man an die Simulationstechnik des Computers - weist die Ferne gerade auf eine interne Position? Von wo aus läßt sich die Ferne also erkunden: Von hier oder dort, von nah oder fern? Eine Antwort würde immer eine Unterscheidung von Innen und Außen voraussetzen, einen traditonsreichen Dualismus, den die Fernerkundung möglicherweise schon in die Ferne vertrieben hat. Bringt nicht die Fernerkundung selbst die Frage zum Verschwinden, wenn die Fernerkundlerin immer hier und dort zugleich ist?
Mit den beschriebenen Prozessen und Fragestellungen werden sich in einem Laboratorium Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen sowohl thematisch als auch methodisch auf Grund von unterschiedlichen Präsentationsformen und Projektionstechniken beschäftigen. Vorgestellt werden Entwürfe und Aufzeichnungen von Reisen - Reisen an einen anderen Ort, in eine andere Zeit.
P R O G R A M M

Laufwerk
Fotoausstellung von Alexandra Bialas Café / Galerie Grün,
Eröffnung am So. 17.11./ 18.00
vom 18.11. - 1.12. tägl. 12.00 - 1.00

Im Tal der Platinen
Künstliche Führung zu Laufwerk von Birgit Kuipel und Gertrudis Hengesbach - ein Diaclip
Café / Galerie Grün, zur Eröffnung am So.17.11./ 18.00

Kombüsenschmaus
Tafelessen von Frauke Alber und Ute Ihlenfeldt
Galerie im KünstlerHaus Am Deich
Sa. 23.11./ 19.30,
mit Anmeldung bei
Thealit,
0421/701632,
Fax 0421/78028
 

Kinoprogramm: Die Entdeckung der Ferne
vom 3.11. - 24.11. im Kino 46

Moeder Dao, de schildpadgeijkende
So. 3.11./ 20.30

München-Berlin-Wanderung

und Weltstadt in Flegeljahren.
Ein Bericht über Chicago. Fr. 8.11./ 20.30

Das Gold der Elfen:
Aran - Vision eines Filmemachers
und Looking for the Man of Aran
Do. 14.11./ 18.30

Man of Aran
Do. 14.11./ 20.30 und Fr. 15.11./ 18.30

Cannibal Tours
So. 24.11./ 20.30
Mo. 25.11., Di. 26.11./18.30

Sisom und Vom Fluß - River Colors
Mi. 20.11./ 20.00
Neues Museum Weserburg
 
 

Laboratorium
Fr. 29.11. - So. 1.12.

Freitag 29.11.
19.30
Sternenhimmel und Kometenpositionen
zur Zeit Caroline Herschels,

Vortrag von Christina Scholz, Olbers-Planetarium

20.15
"I saw the comet".
Irdische und himmlische Erkundungen
der Caroline Herschel (1750-1848),
Diavortrag von Birgit Kuipel,
Olbers Planetarium

Samstag 30.11.

11.00
Telepräsenzen,
Sondierungen in Chirurgie und Raumfahrtstechnik,
Vortrag von Claudia Reiche, Thealit

13.00
Heimische Vulkane,
Performance von Valeska Peschke, Thealit

14.30
Mittagessen im Thealit

16.00
Lichtspiele und Illusionen.
Zur Transparentmalerei im 19. Jahrhundert,
Diavortrag von Birgit Verwiebe, Thealit

18.00
Ägypten. Mediensprünge,
Führung zu der Ausstellung
Laufwerk
von Ulrike Bergermann, Café /Galerie Grün

20.30
To go strange. Fremdgehen,
Ein Programm mit experimentellen Videos, Thealit

Sonntag 1.12.
11.00
Spuren der Zukunft.
Neue Wege der experimentellen Spinnenforschung.
Vortag und Führung von Helene von Oldenburg,
Vortagssaal und Ausstellungsräume des Übersee-Museums

13.30
Fern-Sehen. Fern-Hören. Fern-Kommunizieren.
Überlegungen zu den elektronischen Medien,
Vortrag von Sybille Krämer, Thealit

15.00
Mittagessen im Thealit

16.30
Burg mit Fernsicht, Burg als Zeitreisestation und Souvenier, Vortrag von Wiebke Johannsen mit Dias von Sabine Dibbern, Thealit

18.00
MUSTER. Karten in der Fernerkundung,
Vortrag mit visuellen Suchspielen von Andrea Sick, Thealit
 
Abschluß mit Sekt und Schnittchen
 

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