Ulrike Bergermann

   

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AS.

Der reproduzierte Star im Videoclip


Ein Lied basiert auf Wiederholungen, ein Videoclip muß oft gespielt werden, um seine Funktion zu erfüllen, und ein Star ist erst ein Star, wenn sein Bild in möglichst vielen Reproduktionen zirkuliert. Was hat das eine mit dem anderen zu tun, und was bedeuten digitale Reproduktionstechniken für den Zusammenhang vom Star als Serienprodukt und dem Wiederholungsprinzip seiner Produkte?

Und wenn "Reproduktion" nicht nur ein technischer Modus zur Vervielfältigung eines Originals ist, sondern kulturell immer auch mit Fortpflanzung, Generationen und Weiblichkeit in Verbindung steht, welche Konzepte lassen sich dann in aktuellen Videoclips finden? Zentrales Beispiel für diese Fragestellung ist hier der Clip zu As (George Michael, Mary J. Blige, 1999).

1.: Stars, mehrfach

Schon derjenige Clip, der als der erste seiner Gattung gilt, vervielfältigt die Bilder seiner Stars: 1975 wurde der Clip zum Song Bohemian Rhapsody von Queen im Fernsehen ausgestrahlt. Dieses Lied war aufgrund seiner Länge kaum im Radio gespielt worden und schaffte es nach der Ausstrahlung sofort nach oben in die Charts, wo es 9 Wochen lang blieb[1] und damit ein wesentlicher Initialzünder für die ökonomischen Grundlagen des Genres wurde.

Mittels einer einfachen Prismenoptik werden im Clip die vier Bandmitglieder, deren Gesichter die Eckpunkte einer Raute bilden, mehrmals nebeneinander (genauer: 5x umeinander) auf dem Monitor sichtbar. Additiv, nicht in eine Handlung eingebunden, im Wechsel vom Bild der Gruppe zur Großaufnahme des Leadsängers Freddie Mercury dem Lied folgend, ebenso bei "Vielstimmigkeit" "viele Bilder" zeigend, bietet dieses Kaleidoskop eine Vervielfältigung der Staransicht mit Betonung der Bildoberfläche, ohne inhaltliche Motivation etwa durch einen Bezug auf den Songtext. Was damals relativ neu war, nämlich die singenden Stars auch zu sehen, wurde vervielfacht: sie sind mehrmals zu sehen, in typischer Scheinwerferoptik, in einem Bild, das keine live-Bühnenaufnahme bieten könnte und die Reproduktion, das Artifizielle der Herstellung, das Nicht-Authentische ausstellt (im Gegensatz zum Abbildungsklischee der Rockmusik, das das Authentische, den Schweiß, die Echtheit der Darbietung ebenso wie der Aufnahme betont[2]).

 

Über 20 Jahre später erlaubt die digitale Bildbearbeitung (wie mittlerweile aus Filmen wie Forrest Gump uva. bekannt) nicht nur die Manipulation des Starbilds (in Form von Retusche z.B. zur Verschönerung) und sein "Weiterleben", quasi seine "Verlängerung"[3], sondern ebenso dessen Vervielfältigung. Der Star könnte sich z.B. im Clip selbst begegnen, seinen oder ihren Doppelgänger treffen usw.. Erstaunlicherweise (oder eben nicht erstaunlicherweise) gibt es dafür fast keine Beispiele. Sehr beliebt ist dagegen der Einsatz von Morphing, dem scheinbar nahtlosen Ineinanderübergehen von einer Gestalt in eine andere (bekanntes Beispiel: Terminator II), bevorzugt ausgeübt an menschlichen Gestalten; in vielen Clips geht eine Figur in eine andere über[4], wobei wiederum auffällt, daß in der Regel der Star davon unberührt bleibt.[5]

1996 begegnete sich Alanis Morissette in Ironic gleich mehrfach selbst, war aber nie mehrmals gleichzeitig in einem Bild zu sehen. Die verschiedenen Morisettes kommunizieren offensichtlich unbefangen, ohne Überraschung oder Unbehagen mit ihren Doubles, Schwestern oder Freundinnen, die sich über die allseits vertraute Sitzplatzverteilung im Auto und entsprechende Blicke und Gesten im Kopf der ZuschauerIn addieren.

1998 sah man Madonna in Frozen sowohl gemorpht als auch vervielfältigt. In einem spirituell bis mystisch entworfenen Setting wirkt Madonna in Dreieinigkeit wie eine Verkünderin der Weisheit (Parzen?) - wie mir scheint, nicht in einer Vervielfältigung, die die Stareinheit ins Wanken bringen würde (wovon Madonna auch ein Lied singen könnte), sondern vielmehr der Maxime folgend, nach der ein Clip dazu dient, Einheitlichkeit, Wiedererkennbarkeit, die optische und akustische Corporate Identity eines Stars herzustellen. Als "Gesicht des Klangs, Kostüm des Tons" fungiert ein Clip schließlich als wiedererkennbares Logo mit der Funktion, "ein visuelles Erscheinungsbild zu konstituieren, das konstant bleibt", bestimmte Peter Weibel.[6] Vervielfältigung kann natürlich trotzdem im Dienste dieser Einheit stehen.

Ein weiteres kurzes Beispiel bietet der Clip von Garbage zu The World is not enough, in dem die Sängerin als perfekter Cyborg im Labor hergestellt wird und in einer krimiähnlichen Geschichte als Femme fatale ihrem Vorbild begegnet - dies ist ein klassisches Doppelgängermotiv, technisch hochgerüstet und geschlechtergetauscht, aber noch im Rückgriff auf die alte literarische Motivik und das Unheimliche in der Begegnung lesbar.[7]

 

Potenziert sind diese Vervielfältigungsweisen allerdings im Clip As von George Michael und Mary J. Blige (1999), in dem beide Stars unzählbar vervielfältigt auftreten.

 

Wie, so möchte ich fragen, läßt sich dieser Clip lesen vor dem Hintergrund der kurzen Mediengeschichte des Genres einerseits und den neuen Reproduktionstechniken digitaler (Menschen)Bilder sowie dem Klonen von Lebewesen andererseits?

 

Ich betrachte As als These zum aktuellen Stand serieller Reproduktionstechniken.

 

2.: Was ist das "Video-" im Videoclip?

 

Zuerst sei daran erinnert, daß das Musikvideo wesentlich auf dem Medium Video basiert.

Das ist nicht so selbstverständlich wie der Name nahelegt: "Video" war immer nur ein Schritt im Produktionsprozeß eines Clips.

Ein Blick auf die kurze Mediengeschichte von Video ist als Vergleichsfolie für Konnotationen Ende der 90er Jahre nötig: vom 'Medium der Authentizität' war es nicht weit bis zu 'Manipulation und Überwachung' - was später in der digitalen Reproduktion potenziert werden wird...

Was als "Video" gilt, ist zunächst über ein Speichermedium (Magnetband) und einen Speichermodus bestimmt[8]; "Video" steht aber auch für ein System von Aufnahme und Ausgabetechniken, das in den 70er Jahren entwickelt wurde und durch relativ geringen Preis, leichte Handhabbarkeit, mobile Einsatzmöglichkeiten usw. sehr schnell als Medium für eine politische Gegenöffentlichkeit, für Berichterstattung "von unten", bildliche "oral history", authentisches Dokumentieren auch jenseits der etablierten Medien in Anspruch genommen wurde und auch in der Kunst vor allem von Frauen als Medium der Selbstinszenierung, Selbstbespiegelung und Repräsentationskritik eingesetzt wurde.

 

Daß beim Video im Gegensatz zum Film der Entwicklungsprozeß wegfällt, daß also eine Aufnahme praktisch sofort gezeigt werden kann, daß sich der oder die Abgebildete sofort auf dem Monitor sehen kann, war anfangs eine der Eigenschaften des neuen Mediums, die als so neu empfunden wurde, daß sie als Ausgangspunkt mehrerer früher Kritiken bzw. theoretischen Ansätze zum Medium Video wurde.

 

"In der simultanen Bildaufnahme und -wiedergabe (über den Monitor) fallen die reale Existenz und die im Bild zusammen. Genau dies bildet das entscheidende mediale Kriterium des Videosystems und läßt es in gewisser Weise dem Spiegel näher stehen als dem Film." - so Friedrich Heubach 1983: es ließe sich nicht mehr unterscheiden in Bild oder Realität, sondern es ginge um eine neue "Abbildungsrealität".[9] Bild und Abbild seien "identisch" (Vogel).

 

Eine weitere Eigenschaft war die Verfügbarkeit von Video (durch niedrigen Preis, einfache Handhabung, Unabhängigkeit von großen Studios und deren technischer und personeller Ausstattung), die denjenigen mit der Kamera auch Möglichkeiten eigener Berichterstattung oder Repräsentation in die Hand gab, die vorher nicht oder "nur als Abgebildete", wie es hieß, vorkamen, und das waren vor allem die Frauen. Von einigen wurde eine neue "Einheit von Subjekt und Objekt" der Repräsentation ausgerufen (Friederike Petzold u.a.).

 

"Die Verbindung von Unmittelbarkeit, Echtzeit und Allgegenwärtigkeit weckte die Erwartung, daß eine experimentelle Neuordnung der gesellschaftlichen Bildproduktion kurz bevorstünde. Agens dieser Veränderungen sollte eine befreite Subjektivität sein." - "Die Verkennung prägt vor allem die Geschichte feministischer Videopraxis in den 70er Jahren."[10]

Als drittes hervorstechendes Merkmal von "Video" wurde diessen Einsatz in Überwachungs- und Kontrollfunktionen betont.

Hier wird die diffuse ideologische Zuordnung, Video sei ein irgendwie "linkes" Medium, gebrochen. Fragen nach Authentizität und Manipulation müssen nach konkreten Erfahrungen mit dem Einsatz von Video im Zusammenhang mit technischen Merkmalen diskutiert werden.

 

"Video ist nicht nur populär, transportabel und jederzeit reproduzierbar, Video hat auch die Fotografie als das dokumentarische Medium abgelöst. Nicht nur, weil es sich um ein tönendes Laufbild handelt. Videobildern wird zudem eine besondere Evidenz attestiert, weshalb sie sich - mit wechselndem Erfolg - als Waffe in Widerstandsbewegungen und kollektiven Selbstbehauptungskämpfen eignen. Mit Evidenz bzw. Gegenevidenz Politik zu machen, gilt als effektives Mittel im Kampf gegen herrschende Wahrheitsproduktion.

Die Video-Evidenz ist freilich ihrerseits eine artifizielle: Die waagrechten Rasterlinien verschafften dem 'Videalen' seine 'eigene Künstlichkeit': 'Auf Titelseiten enthalten Videostills aus Live-Sendungen einen Mehrwert an Aktualität, der für professionelle Fotografen nicht zu erreichen ist.'" [Agentur Bilwet, Medien-Archiv, 1993, 29]

"Mit Avital Ronell gesagt: Es kommt immer darauf an, die 'zwei Augen von Video' zu berücksichtigen: das eine, das die Fernsehfunktion erfüllt; das andere, von dem das Fernsehen 'beobachtet' wird."[11]

 

Auch das Befreiungsmedium Video hat eine Geschichte als Überwachungsmedium und Disziplinapparat. Es setzte sich "die Erkenntnis durch, daß Video keinen lupenreinen Stammbaum anzubieten hat".[12] Nun werden einerseits öffentliche Plätze überwacht (zur Kriminalitätsregistrierung, worunter aber auch Demonstrationen fallen...), andererseits hat die Amateuraufnahme von George Holliday, der die Mißhandlung des Schwarzen Rodney King durch die Polizei von Los Angeles aufzeichnete, vor Gericht zur Verurteilung des Polizisten geführt und damit dem Medium einmal mehr die Eigenschaft der echten, ggf. staatlich unterdrückten Wahrheit verliehen - nicht zuletzt mittels einer Glaubwürdigkeit, die gerade durch "low tech" bezeugt wird (sichtbar an den ästhetischen Eigenheiten von Bildern aus einer bewegten, mobilen Handkamera, verwackelten Bildern, Unschärfe oder dumpfem Ton).[13] Schon 1976 hat David Antin mit einem ganz ähnlichen Beispiel nicht nur das Kontrollierend-Dokumentarische, sondern auch die Manipulation eingeführt: wenn im Fernsehen zu sehen ist, wie Polizisten in Los Angeles einen Teil der City nach Verdächtigen durchsuchen, sei nicht zu unterscheiden, ob live gesendet werde oder nach einer Verzögerung, die eine Manipulation des Aufgenommenen möglich mache, etwa indem sie 'Fehler als Zeichen für Spontaneität' nachträglich einfüge.[14]

 

"So belastet das Fernsehen Video mit einer Tradition nicht des Falschen - was zumindest eine negative Verläßlichkeit garantieren würde -, sondern einer höchst bedrohlichen Doppeldeutigkeit und Maniriertheit, die ein Genre der Unähnlichkeit bedingt."[15]

 

In den 70ern wurde Video einerseits als Anti-Fernsehen und andererseits als narzißtisches Spiegelmedium diskutiert, so Tom Holert: "Aber spätestens mit dem wachsenden Bewußtsein, daß es sich bei Video eben nicht in erster Linie um eine billige Variante von Film und Fotografie, sondern um eine fundamental unterschiedene, weil 'digitale' und der Computerisierung zugängliche statt analoge Bildverarbeitung handelt, muß" mit Manipulation gerechnet werden, auch wo Dokumentation angestrebt war. "Video ist nicht nur eine Technologie der Kontrolle, sondern seinerseits hochgradig kontrollierbar."[16]

Und manipulierbar, insofern die Digitalisierung der auf Magnetband gespeicherten Signale kein großes technisches Problem darstellt. Galt Video (fünftens) auch als ein Medium, das sich sehr stark andere mediale Formen und Genres "einverleibte", das z.B. Musicals, Filme, Dokumentationen, Nachrichten uva. recycelte, das also weniger ein eignes genrespezifisches Profil ausbildete als die Eigenschaft zur Adaption fremder Profile besäße, so ermöglicht die Digitalisierung, diese Eigenschaft zu potenzieren.

 

"Music video presents a particular mode of cultural cannibalization"[17], denn es ist "nur aus dem gegenseitigen Sichaufessen, Ausscheiden, Koprophagieren und anderen Angewohnheiten der Popkultur im Umgang mit anderen Kulturen zu verstehen."[18]

Video ist eine "mehrdimensionale Schnittstelle zwischen herkömmlicher und zukünftiger Bilderproduktion" , "Medienspezifik" ist überholt - "Adaptionsfähigkeit" zentral. Video ist ein Durchgangsstadium zur Digitalisierung. "Will man so etwas wie eine Videospezifik erkennen, so liegt jene inzwischen hauptsächlich in der Durchlässigkeit und Vielfältigkeit des Mediums begründet".[19]

 

Und das gilt auch für das Musikvideo.[20]

Wie kulturkritisch unter dem Stichwort "Videotie" angemerkt wurde, stehe nun nicht mehr nur der "Kleine Bruder", der Videorecorder, in jedem Haushalt, sondern die Bilderflut des selbstgemachten Kinos führe auch zum Clip:

"Die 'elektronische Revolution' der 80er Jahre äußert sich jedoch nicht nur in 'Videomanie' und der Expansion von Videomarkt und Fernsehprogramm. Sie hat auch eine spezifische Repräsentationsform gefunden: den kommerziellen Videoclip."[21]

3.: Zur Geschichte des Musikvideos

 

1967 erschien mit Sgt. Pepper von den Beatles das erste Album, von dem es heißt, es sei musikalisch nicht mehr auf der Bühne aufführbar.[22] Zur Promotion mußte also statt einer Tournee ein Film her. In den 60er und 70er Jahren entstanden solche "Promos" und "Demos" mit Live- und anderen Aufnahmen der Sänger und anderer Bilder (Blumen, Landschaften...)[23]; so entstanden im Februar 1967 auch Promotionfilme zu Penny Lane und Strawberry Fields (Beatles) und schon 1965 als Teil eines Dokumentationsfilms Subterrenean Homesick Blues (Bob Dylan).[24] Ende der 70er Jahre gab es in den USA 2 wöchentliche Musikvideo-Shows (America's Top Ten, Popclips)[25], ab 1983 in Deutschland Formel Eins. Diese Sendungen waren so erfolgreich (bei der Vermarktung von Musik), daß am 1.8.1981 in den USA ein neues Sendeformat in die Fernsehkabel gespeist wurde, das ausschließlich und rund um die Uhr Musikvideos sendet.[26] Nach dem ersten ausgestrahlten Jingle, der Neil Armstrong auf dem Mond dabei zeigte, wie er nicht etwa die amerikanische Flagge, sondern die mit dem MTV-Logo aufstellt, wurde als erster Clip Video killed the radio star ausgestrahlt (The Buggles: "We can't rewind, we've gone too far/ Put the blame on VTR:/ Video killed the radio star...").[27] Daß rund um die Uhr gesendet wurde und wird, haben viele Kritiker zum Anlaß genommen, das vom Rock'n'Roll geforderte "Rock around the Clock" als kommerziell mißbrauchten Slogan zu betrachten[28] – oder als "a boundary-less break with sequence, flow and order."[29] Die Kommerzialisierung von Pop-, Rock- und Jugendkultur ist oft kritisiert worden[30]; heute haben weniger als 10% aller Hitparadenhits keinen Clip (und um gesendet, also verkauft zu werden, wird angeblich schon die Komposition auf visuell Interessantes wie Gitarrenriffs o.ä. getrimmt).[31] 1996 änderte MTV seine Programmstruktur und führte feste Programmblöcke ein (wodurch seine Programmstruktur der des Radios noch ähnlicher wurde.)[32] Vor der Erfindung von  MTV war jeder Sender in Sparten und Programmblöcke unterteilt gewesen[33]; das ungegliederte Abspielen ausschließlich von Videos plus einer Art Werbung, die visuell den Clips immer ähnlicher wurde (und umgekehrt), wurde als Phänomen einer Massenkultur kritisiert, die keine Unterschiede mehr mache und in Endlosschleifen, unendlicher Verfügbarkeit, ewiger Fernsehpräsenz alles im Kommerz verschmölze (gleichzeitig aber erfolgreich an einer neuen "Universalsprache" arbeite).[34]

Die Geschichte des Clips jenseits des Fernsehens startet je nach Geschichtsschreibung in der Oper[35], sehr oft im Absoluten Film der 20er Jahre[36] - und, weniger offensiv, aber doch häufig vertreten: im  Experimentalfilm, im der künstlerischen Arbeit mit Film seit den 60er Jahren. Hier werden neben Andy Warhol und Kenneth Anger (Scorpio Rising) vor allem Derek Jarman und andere genannt (die sich interessanterweise dadurch auszeichnen, daß sie britisch, männlich, weiß und schwul sind... eine Geschichte, die noch kaum geschrieben ist -Karola Gramann hat angefangen-).[37]

 

Bei MTV haben wir es also mit verschiedenen Wiederholungsstrukturen zu tun: die Clips werden wiederholt gesendet (wenn mehrmals am Tag, sind sie in der sogenannten "heavy rotation"), die interne Strukturiertheit der Clips ist an die Wiederholungsprinzipien der Musik gebunden, der auch die Narration folgt (nicht-linear)[38], es wiederholen sich ästhetische Elemente in Clips, Trailern und Werbespots (Anlaß für Kulturkritik).[39] Die vielfältigen Zitate anderer Medien, anderer Stars, anderer Lieder etc. sind schließlich auch eine Form der Wiederholung.[40]

 

 

Im Strom der ähnlich wiederholten Muster müssen jedoch bis zu einem gewissen Grad Ereignisse herausragen. Ein Star verkauft sich schließlich über Einmaligkeit. Im Clip ist er in gewisser Weise allerdings immer schon gedoppelt: Er oder sie singt das Lied, erzählt also in der Regel die Geschichte (Techno u.a. sind nicht zufällig kaum vertreten) und bietet diejenige Figur, die sich entsprechend dem Text bildlich in Szene setzt (getreu der Maxime der Virdeoregisseure, "the song is the sacred text you serve"[41]). Der wahrgenommenen Personalunion von Sänger und Darsteller[42] (nach Cecilia Hausheer Grund für eine nicht-hierarchische Anordnung der Diskurse[43]) ist also eine Spaltung zugrundegelegt, die in manchen Videos augenzwinkernd inszeniert wird.

 

Ein besonderes Beispiel für die Darstellung von Identität, Wiederholung (und über das Augenzwinkern bin ich mir da nicht so sicher) bietet der Clip zu As, gesungen von George Michael und Mary J.Blige.

 

 

4. Als ob: AS

 


Inwiefern sehen wir in diesem Clip ein Duett? Eine der beiden Figuren ist offensichtlich zentraler als die andere. Mit George Michael beginnt und endet das Video, die Kamera begleitet ihn in den Raum des Geschehens, durch einen holzgetäfelten Gang, an dessen Wänden dort Leuchtkörper hängen, wo man eigentlich Spiegel vermuten würde (wegen ihrer Höhe und Größe und des Zurechtrückens von Manschetten und Krawatte); ebenso folgt die Kamera weiterhin einem der George Michaels durch die Räume; im Zweifelsfall ist es ein George Michael, an dem sich visuell zu orientieren ist; und: der Clip schließt mit Michael als DJ[44], als der mächtigen Position im Hintergrund, dem Dirigenten des Geschehens auf der Tanzfläche, in dessen Ohren, so übersetzt man das letzte Bild, die Musik verklingt - in einer Weise, die künstlich klingt, gedämpft, der Sound ist nicht mehr klar, sondern wirkt 'akustisch alt', weil nach schlechter Technik, nicht digital - wir gehen zurück in der Mediengeschichte - und das liegt in seiner Hand! Die Lampen tauchen auch in den anderen clubartigen Bar- und Tanzräumen auf, als Deckenlampen und in schwarzen Rahmen an der Wand wie Bilder ohne Inhalt, erinnern sie an konstruktivistische Malerei und ihre gleichartigen, geometrischen, benachbarten, größenverschiedenen Teile. Sie verbreiten diffuses Licht, es gibt kaum helle und dunkle Raumbereiche, nur leichte Unschärfen, als Michael in den ersten Raum kommt. Man erkennt nicht sofort, daß alle im Gegenlicht dunkleren Personen darin gleich aussehen. Michael singt - er bezieht sich nicht auf andere - den Text wie einen Monolog, die anderen Michaels singen ebenfalls, sowohl die Leadstimme als auch Background - und das ist interessant: nicht nur der Sänger der Leadstimme wird vervielfacht, sondern in der visuellen Illustration der Musik wird abgebildet, was musiktechnisch vorausging: Die Stimme des Stars ist bereits vervielfältigt worden und auf mehreren Spuren parallel zu hören. Alle Figuren sind im Anzug ("uniformiert"); ebenso tritt Mary J. Blige im Anzug auf (heller, mit Ausschnitt und Hut). Weitaus weniger oft und lang im Bild, weniger zentral und nie mit dem Gesicht in Nahaufnahme (das zudem der Hut halb verdeckt), ist sie mehr im Vorübergehen zu sehen und spielt keine räumliche Orientierungsrolle. In einer Szene meint man eine Spiegelwand auszumachen, aber die Symmetrie löst sich schnell auf: der Spiegel als Verdoppelungstechnik hat ausgedient und ist übertrumpft worden. Es gibt zunächst und die längste Zeit keinen Bezug zwischen einem der Michaels und einer der Bliges; sie singen im Wechsel, und dementsprechend sehen wir eher Räume/Raumteile voller Männer oder voller Frauen, beide mischen sich wenig und erst spät im Clip. In der zweiten Hälfte (später: nach 3 min.) gibt es dann eine beiläufige Bezugnahme eines Michaels und einer Blige im Hintergrund an einem Bartisch, dann auch solche unterhalb der identischen SängerInnen, schließlich eine kurze optisch zentralere Kontaktaufnahme von Michael und Blige beim Tanzen. Durch gleichförmige Bewegungen aller Gestalten (vor allem im rhythmischen Kopfnicken) ergibt sich eine einheitliche visuelle Wirkung.

Außerdem fällt eine merkwürdige Kamerabewegung auf (4x): wie ein Schwenk, aber viel zu schnell für die analoge Kameras gewohnte Seherfahrung, ist sie nicht narrativ motiviert; beim ersten Mal ist sie gefolgt von einem weichem schwarzen Ausblenden: bis dorthin war alles "normal", ein Michael geht den Gang hinunter, aber dann tritt Michael in den Raum ein: Nach dem Ausblenden ist alles anders. Der Clip erzählt seinen eigenen Eintritt in ein neues technisches Zeitalter.

Mein Eindruck ist: dieser Clip ist ebenso visuell fesselnd wie auch eintönig, letzteres wegen seiner Einheitlichkeit in Dynamik, Farbe und Story (und daß das Lied gut ist, ist Stevie Wonders Verdienst, aber davon später), und ersteres, also fesselnd ist - die Perfektion. As ist der erste Clip, der diese Vervielfältigung in einem solchen Ausmaß und mit dieser Ausschließlichkeit zum Thema des visuellen Konzepts erhebt und mit solcher Perfektion vorführt. Wie wurde das erreicht, und wie läßt sich der Clip trotzdem nicht nur als Demonstration technischer Neuheit, sondern auch thematisch deuten?

 

4a.: Video überwacht, dokumentiert, befreit

Im Sommer 1999 verzeichnete die Presse einen sogenannten "Sexskandal". George Michael wurde in einer Schwulenklappe wegen "unzüchtigen Verhaltens" verhaftet[45] und hatte daraufhin ein öffentliches Coming out - und schrieb den nächsten Song nicht nur über den Spaß am Sex im Freien, sondern inszenierte auch das Video dazu mit Bildern polizeilicher Überwachung und Verfolgung. Outside (1999) spielt in einer öffentlichen Toilette (einem Nachbau, der sich in eine Disco mit tanzenden PolizistInnen, u.a. G.Michael selbst, verwandelt) durchzogen von Szenen, die Polizei in Hubschraubern zeigen, Bilder aus Überwachungskameras und die Objekte ihrer Begierde, verschiedenste Pärchen an öffentlichen Orten. Wir sehen sowohl die Bilder aus den Überwachungskameras selbst als auch die Festnahmen - und sich küssende Polizisten. Daß der "Skandal" der Grund für den Ausschluß des Lieds aus dem Album von Blige war, wie Michael in Interviews der Plattenfirma nachsagt, ist nicht die einzige Wahrheit: es liegen auch kommerzielle Gründe vor -die ja ebenfalls kritikwürdig wären-, aber es verkauft sich eben besser, sich als sexuell Diskriminierten darzustellen. Und hier folgt Michael unversehens der alten Zuordnung: Video (Musikvideo!) bleibt das Medium der Unterdrückten.[46] Die Kontrollfunktion des Mediums Video taucht also hier wieder auf: voyeuristisch benutzt, in eine Geschichte eingebaut, die gleichzeitig eine Geschichte aus dem Leben des Stars berührt, also wiederum im Konnex von Leben und Abbildung steht.[47]

 

4b.: Die Herkunft der musikalischen Natur

Wie also in dieser Situation ein Liebeslied mit einer Frau singen? Frühere Duette sang Michael mit den offen schwulen Stars Elton John oder Freddie Mercury von Queen; auch in I knew you were wainting (for me) mit Aretha Franklin bestand keine Gefahr, beide für ein reales Liebespaar zu halten. Aretha Franklin hat mit Mary J. Blige eine Eigenschaft gemeinsam: sie sind bekannte Repräsentantinnen der Black music (von Soul und R&B bis zu Hip Hop).

In einem Interview hat Michael die schwarze Musik, besonders Rhythm'n'Blues, als seinen "natürlichen" Bezugspunkt bezeichnet (im Album Faith, so sagte er, "I wandered off my natural path", also habe er mehr akustische Gitarren und "natürlichere" Instrumentierung gegen eine "zu weiße"  Musik eingesetzt[48]). Frauen und Schwarze also machen den "eigenen" Naturbezug aus, ein vertrautes Muster. Und vor allem: wo Duette an sich zu "schmalzig" sind, wie Michael sagt, da geht es ihm eigentlich um den Bezug zu bewunderten Stars. Das betrifft natürlich Blige - aber auch und vor allem Stevie Wonder (ebenfalls schwarz), der das Lied 1976 auf dem "classic album" Songs in the Key of Life herausbrachte. Die folgende CD von Michael erschien Ende 1999 und enthält ausschließlich Cover-Versionen. Und mit dem "covern" ist nun wiederum die Frage nach Wiederholung, Geschichte, Einzigartigkeit und Serialität angesprochen. Auch der Songtext handelt davon: Ich werde dich immer lieben - AS...

 

4c: Ein Text von Liebe und Begehren

 

As - Stevie Wonder 1976 // gekürzt von George Michael / Mary J. Blige 1999

 

As around the sun the earth knows she's revolving

And the rosebuds know to bloom in early May

Just as hate knows love's the cure

You can rest your mind assure that

I'll be loving you always

 

As now can't reveal the mystery of tomorrow

But in passing will grow older everyday

Just as all that's born is new

You know what I say is true

That I'll be loving you always

 

Until the rainbow burns the stars out of the sky

Until the ocean covers every mountain high

Until the day that 8 times 8 times 8 is 4

Until the day that is the day that are no more

 

Did you know that true love asks for nothing

Her acceptance is the way we pay

Did you know that life has given love a guarantee

To last through forever and another day

 

As today I know I'm living but tomorrow

Could make me the past

But that I mustn't fear

I know deep in my mind

The love of me I've left behind

Cause I'll be loving you always

 

Until the rainbow burns the stars out in the sky

Until the ocean covers every mountain high

Until the dolphin flies and parrots live at sea

Until we dream of life and life becomes a dream

Until the day is night and night becomes the day

Until the trees and seas just up and fly away

Until the day that 8 times 8 times 8 is 4

Until the day that is the day that are no more

 

Did you know that true love asks for nothing...

As around the sun the earth knows she's revolving...

Until the rainbow burns the stars out in the sky...

Until the day is night and night becomes the day...

 

As läßt die Bedeutung von "weil" und von "insofern/wie" in der Schwebe (andere der zahlreichen Bedeutungen sind: während, so wahr als, obgleich...)[49], aber klar ist: es gibt eine grundlegende konditionale Verschränkung. AS (weil oder so wie) die Erde weiß, das sie sich um die Sonne dreht, AS die Rosenknospe weiß, wann sie blühen soll usw., insofern/genauso werde ich dich lieben[50], abhängig von einem quasinatürlichen "Wissen" (die Erde 'weiß', die Knospe 'weiß' - aber ist dieses Wissen ein überzeitliches, schon mit Blick auf Galileo?!). Die beschworene Ewigkeit wird mit Naturgesetzen plausibilisiert, etwa mit dem Triebschicksal der Rose, mit biblischen Schöpfungsmotiven, auch mit mathematischen Gleichungen und mit deren paradoxen Verkehrungen (die Fische in der Luft usw.). Die Zahl 8 hat vermutlich zahlenmystische Bedeutung und ist als typografisches Element um 45° gedreht das mathematische Zeichen für Unendlichkeit ∞. So ist der Text auch in Einzelheiten ausdeutbar im Hinblick auf Wiederholung und Zeitlichkeit, etwa wenn im Gegensatz zum fish der Vogel spezifiziert wird: es ist der parrot, der Papagei, der Sprache wiederholen, nachplappern kann.[51] (Daß nebenbei bemerkt der Regenbogen heute Symbol der lesbischwulen/queer community ist, könnte dem Song eine ungewollte Drehung geben.) Kein Zweifel, daß auch die mit "until", bis -, eingeleiteten Aufzählungen die Unmöglichkeit des Endes der Liebe illustrieren sollen: es geht um die Aufhebung von Zeitlichkeit, auch um den Tod: "Tomorrow could make me the past" (aber keine Angst, denn meine Liebe ist ewig). Die Syntax ist mehrmals umgestellt ("As around the sun the earth knows she's revolving"), auf die gewohnte Abfolge und die damit verbundene Linearität wird weniger Wert gelegt als auf ein für Popsongs ungewöhnlich strenges Metrum, das vielleicht an Shakespeares Sonette erinnert und insofern als "irgendwie altertümlich" mit dem inhaltlichen Gestus der "alten Weisheit" korrespondiert. Das liedtypische Wiederholungselement in Reim[52], Refrain usw. wird stark strapaziert - noch viel stärker bei Wonder.

 

Stevie Wonders As war wesentlich länger (ca. 8 min); trotz des ersten Queen-Clips von 6 Minuten ist heute ein Clip von mehr als 3, höchstens 4 Minuten offensichtlich nicht zu verkaufen. Inhaltlich betrifft die Kürzung einerseits christlich/spirituelle, gospel-traditionelle Elemente ("Mother Nature", "God", Stammbaum-Familiäres[53]), was als moderne Variante plausibel ist, und andererseits auch so interessante Zeilen wie "until the day that you are me and I am you". Ist hier das Ende der Zeit nicht auch positiv besetzt? "Until we dream of life and life becomes a dream", das klingt auch nach Verheißung.[54] Das Ende der Differenz ist gleichzeitig Höhepunkt und Ende; daraus spricht die Unmöglichkeit einer vollkommenen Erfüllung des Begehrens, von dem man sagt, daß es sich über den Mangel speist - aber das Ende ist nicht besonders bedrohlich dargestellt, der Tod bekommt kein Gesicht; auch "until the day that is the day that are no more" bleibt ziemlich wenig schrecklich. Das Heute und das Morgen bleiben zwar unversöhnt ("As now can't reveal the mystery of tomorrow"), werden aber durch ihre Eigendynamik vermittelt ("But in passing will grow older everyday").[55]

 

Stevie Wonder hatte As alleine gesungen - mit einer Backgroundsängerin. 1999 (eine Generation später) ist daraus ein Duett aus einem Mann und einer Frau geworden (aus der Hierarchie männliche Stimme im Vorder-, weibliche im Hintergrund wird ein halbwegs gleichberechtigter Wechsel von männlicher und weiblicher Stimme in Vorder- und Hintergrund), die sich offensichtlich nicht gegenseitig und damit auch nicht mehr unbedingt das jeweils andere Geschlecht meinen. Was aber passiert, wenn die Liebe nicht mehr bevorzugt zwischen zwei Geschlechtern angesiedelt ist, wenn sie sich aus dem Dualismus löst, wenn sich Ich und Du nicht mehr als männlich und weiblich - und darüberhinaus auch nicht mehr als einzigartige Individuen identifizieren lassen?

 

Alles tritt in As paarweise auf: Sonne/Erde, Meer/Berg, Tag/Nacht, Leben/Traum, Fisch/Vogel, Wasser/Luft, jetzt/morgen, Liebe/Haß, ich/du. Solange beide Teile komplementär bleiben, soll zu glauben sein: "I'll be loving you always". Always hört bei until auf, das immer gilt bis zum Ende des Aufrechterhaltens der Differenz, und das muß auch für die Geschlechterdifferenz gelten ("until the day when you are me and I am you"). Schließlich heißt es ja auch: "Just as all that's born is new...",  meine Liebe ist so wahr wie der Satz, daß alles Geborene neu ist. Was aber, wenn das Geborene im Zeitalter des Klonens aber nicht mehr neu (genetisch neu zusammengesetzt) ist, und was, wenn das Neue nicht mehr geboren wurde ?

 

 

Vor diesem Hintergrund breche ich vorerst ab, um mich den neuen Reproduktionstechniken zuzuwenden, die völlig neue Konzepte von Zeitlichkeit, Identität und Wiederholung implizieren, insofern sie nicht mehr nur Abbilder von Originalen versprechen (mit ihrer Hierarchie, Unterschieden, Zeitlichkeit), sondern eine unbegrenzte Anzahl identischer Kopien. Ich spreche sowohl von digitaler Reproduktion von z.B. Bildern als auch von der Fortpflanzung von Lebewesen durch Klonen.

 

 

5. Endlose Duplikaiton: Das Klonen

 

Die 'natürliche' Fortpflanzung von Säugetieren geschieht seit den Dinosauriern durch sexuelle Vereinigung und Befruchtung, nicht mehr durch Zellteilung, bei der die sogenannte Erbinformation identisch weitergegeben wird. Sie alle aber haben schon von einem Schaf gehört, dessen Erbgut dazu benutzt wurde, ein genetisch identisches Tier, nämlich den Medienstar Dolly herzustellen.

Experimentelle Vorstufen sind zunächst die Teilung einer befruchteten Eizelle in zwei gleiche Hälften (zu zwei eineiigen Zwillingen, Doppelgängern, Zweien) (vergleiche Garbages doppelte Sängerin), dann die begrenzte Vervielfachung nach dem gleichen Prinzip (aus einer befruchteten Zelle werden maximal 15 "Geschwister", genetisch identische Embryonen) (vgl. 3 Madonnas, 4 Morissettes, 5mal alle Queens) - hier sind Eltern- und Kindergenerationen noch genetisch verschieden. Daß "Tochter" und "Zwillingsschwester" einer Frau von dieser allerdings genetisch nicht mehr zu unterscheiden ist (sein soll), wird mit der potentiell unbegrenzten Duplikation von Zellkernen erreicht, und zwar nun nicht mehr nur der Kerne von Eizellen ("Keimzellen", von denen jedes Lebewesen nur eine begrenzte Anzahl produzieren kann), sondern von jeder möglichen Körperzelle - und daß es bei Dolly eine Zelle aus dem Euter war, erinnert in einer Art und Weise an die klassische biologische Mutterschaft, die nur noch als symbolisch bezeichnet werden kann; außerdem hätte es auch eine Zelle aus einem männlichen Tier sein können.

 

Die Konzeption von "Erbgut" als "Information", die in einem Code aus 4 Zeichen niedergelegt ist, hat sich also empirisch bestätigt. So läßt sich von "Programmierung" von Lebewesen durch "Befehle" die von einer Reihe aus C,G,T und As (As!) ausgehen, reden.[56]

 

6. Digitale Datenkopien

 

Nicht auf vier, sondern auf zwei Elemente werden die Informationen zurückgeführt ("broken down"), aus denen z.B. ein Videoclip in digitalisierter Form besteht. Der Produktionsprozeß eines Clips ist folgender: zuerst wird auf Filmmaterial gedreht, dieses auf Video überspielt und dann in den Computer eingelesen (Info von 1997).[57] Das Überspielen bzw. Kopieren von Video zu Video ergibt bekanntermaßen einen Qualitätsverlust, der sich in sogenannten "Generationen" niederschlägt ("you lose a generation", "go down a G"[58]) - denn Medien sind nicht nur Metaphernspender, sondern entleihen selber ihre Metaphorik aus anderen Bereichen, ich erinnere nur an die "jungfräuliche Festplatte" und andere, bevorzugt sexualisierte Wendungen-. Für das Kopieren digitaler Daten jedoch gilt anderes. In einem Handbuch heißt es:

"The greatest advantage of any digital format is that the information on digital tapes and disks retains its integrity as it is copied."[59]

Die ausgerufene heile Integrität der Vervielfachung hat hier etwas Würdevolles - und ignoriert völlig die enormen Probleme des Copyrights und der Frage des Eigentums gerade bei digitaler Vermarktung von Musik, wie sie in diesem Jahr durch das neue MP3-Format heftig ins Gespräch gekommen sind.[60]

Die Bearbeitung des digitalen Materials, so heißt es, folge nicht-linearen Prinzipien.

 

"What makes Avid and the other digital editing systems truly nonlinear is that your material can be randomly accessed - there's no need to fast-forward or rewind. Once your source material is stored on the Avid disks, it can be retrieved like tracks on a CD or frames on a laser disk."[61]


Linearität ist hier über das Material und die dadurch bestimmte Anordnung von Daten gegeben - in den entsprechenden Abfolge liegt eine Hierachie nahe (das erste ist das Original, das zweite die Kopie).[62] Daß nun digitales Video nichtlinear und nichthierarchisch sei, wäre einzuschränken (durch den Vergleich mit analoger Filmproduktion, die ebenfalls nichtlineare Elemente enthält, und dem Verweis auf die zeitliche lineare Folge der Abarbeitung der Arbeitsschritte usw.), und: "you edit before you start editing", insofern der Zugriff auf das Material eine Einteilung in Segmente benötigt.[63] Auch wenn sich die Frage 'linear oder nicht' nicht so einfach beantworten läßt und die Charakterisierungen der Medien sich nur auf eine von vielen Eigenschaften beziehen, ist es bemerkenswert, daß der Gedanke an einen Abschied von der Linearität naheliegt, wo keine Generationen mehr verlorengehen. Und die Auflösung von digitalem Video ist mittlerweile so hoch, daß optische Kriterien zur Bestimmung der "Generation" ausgedient haben (typische Arten von Unschärfe, v.a. im Tiefenschärfebereich, typische Farbigkeit usw.).[64] Betrauert wird also der Verlust eines (Qualitäts-)Verlustes, denn dieser hatte eine vertraute Hierarchie und damit Orientierung garantiert.

 

Und hier möchte ich endlich etwas bemerken, was manchen von Ihnen vielleicht schon lange fehlt: Die Idee des identischen Kopierens ohne Veränderung oder Verlust bezeichnet zwar ein Prinzip, aber keine garantierte Praxis. Auch bei Datenkopien schleusen sich Fehler ein und werden weitergegeben[65], und daß beim Klonen keine Identität im allgemeinen Sinne hergestellt werden kann, ist einsichtig, insofern sich jeder Embryo in jeder Leihmutter anders entwickelt und nach der Geburt sowieso, auch insofern sich der Zeitpunkt der 'Zeugung' (Erzeugung) von z.B. Mutter und Zwillingsschwester/Tochter unterscheidet usw.. (Warum kommt eigentlich niemand auf die Idee, statt von Mutter und Tochter von Mutter und Großmutter zu sprechen?!?) Also kann nur im eingeschränkten Sinn von Identität, nämlich von genetischer Identität gesprochen werden. Für die Begriffsbildung und ihre diskursiven Effekte (nach denen 'Klonen' und 'Identität' zusammengehören) macht das allerdings ebensowenig einen Unterschied wie etwa die Namen von Medien (Video, Film, Computer...) einheitliche und definierbare Geräte und Funktionsprinzipien bezeichnen.[66]

 

Und schließlich wurde von der Herstellung unseres Referenzbeispiels As immerhin soviel verraten, daß es nicht allein durch "Hunderte von Stunden" von Nachbearbeitung im Computer, sondern auch durch ein Dutzend Look-Alikes zustandekam, also mit sogenannten "Doubles" oder Doppelgängern gedreht wurde, denen vermutlich im Nachhinein ein anderer Kopf aufgesetzt wurde. (M.E. fallen bei den Bliges verschiedene Tanzstile auf; bei den Michaels sind sie v.a. im Kopf- und Schulterbereich erstaunlich gleich.) Auch hier waren also einige "Leihmütter", Körperhüllenspender nötig, um das identifizierbare Profil der Stars zu implantieren und somit zu klonen, und es gab nicht nur einen Ausgangscode. Die sichtbaren Michaels und Bliges sind also nicht ursprünglich identisch, sondern beruhen auf verschiedenen Codes, sind nicht strukturell identisch, sondern sehen nur so aus.

 

Das heißt: Klonen, Identität, Nonlinearität usw. sind allesamt Konzepte, die sich nicht in Reinform durchhalten lassen. Aber das interessiert mich in gewisser Weise nicht. Mein Interesse ist nicht zu sagen: 'Diese Anspielung ist nur oberflächlich', oder etwa Aufklärung darüber zu betreiben, was alles "fälschlicherweise" unter digitaler Reproduktion verstanden wird. Mich interessiert: DASS es darunter verstanden und was damit gemacht wird. Und mit diesen Erwartungen, Zuschreibungen, Vereinfachungen und Klischees arbeitet auch As.

 

Dolly hatte drei Mütter und keinen Vater. Die Laborleiter werden in diesem Schema herausgerechnet. Ein George-Michael-Bildklon hat zwei Väter (genauer gesagt, männliche Mütter), dazu den Datenverarbeiter/Programmierer. Es hat eine gewisse Komik, ein Liebeslied zwischen einer Frau und einem Mann, von dem bekannt ist, daß er Männer liebt, dadurch ins Bild zu setzen, daß nicht nur eine nicht-(hetero)sexuelle Reproduktion visualisiert, sondern auch eine Männer- und eine Frauengemeinschaft in Szene gesetzt werden, die durchaus Anspielungen auf Vorurteile gegenüber schwullesbischer Subkultur enthalten (Klischees wie 'alle sehen gleich aus, Frauen tragen Männerkleidung, es gibt wenige zwischengeschlechtliche Kommunikation, aber viel Selbstbezüglichkeit und Eitelkeit, anzutreffen in Bars/Clubs/ Discos' ...). Aber darin liegt für mich nicht der größte Clou des Clips. Natürlich bringt das Wissen um die sexuelle Orientierung eines Stars (und der entsprechend vermuteten individuellen Fortpflanzungsmöglichkeit) eine Lesart ins Spiel, die auf das Thema Sexualität und Reproduktion verweist. Aber daneben werfen die Bilder einer seriellen Herstellung von "Menschen" weitere Fragen nach Identität/Singularität und Wiederholung auf, die ich abschließend noch aufrollen möchte.

7. Reproduktion, Subjekte 

"Der Skandal der maschinengestützten Kunst, von der Fotografie über Video bis zum Computer, besteht also darin, die Fiktion zu entlarven, daß Kunst der Ort des Humanen schlechthin sei, der Ort der Kreativität, einer einzigartigen Individualität."[67]

Jean Baudrillard hat 1988 (!) das Medium Video als eines charakterisiert, dem ein "fraktales Subjekt" entspricht[68] und das streckenweise wie eine Beschreibung von As wirkt:

 

"Ein fraktales Objekt zeichnet sich dadurch aus, daß sämtliche Informationen, die dieses Objekt bezeichnen, im kleinsten Einzeldetail einbeschlossen sind. In demselben Sinn können wir heute von einem fraktalen Subjekt sprechen, das in eine Vielzahl von winzigen gleichartigen Egos zerfällt, die sich auf gleichsam embryonaler Ebene vermehren und durch fortdauernde Teilung ihre Umgebung besetzen. (...) Ein eigentümlicher Narziß: es sehnt sich nicht mehr nach seinem vollkommenen Idealbild, sondern nach der Formel einer endlosen genetischen Reproduktion.

Endlose Angleichung des Menschen an sich selbst, weil er sich in seine einfachen Grundelemente auflöst: allerseits vervielfacht, auf allen Bildschirmen vorhanden, doch immer seiner eigenen Formel, seinem eigenen Modell treu. Daher haben wir es mit einer anderen Dimension von Differenz zu tun. Es handelt sich nicht mehr um die Differenz zwischen einem Subjekt und einem anderen, sondern um die  endlose interne Differenzierung von ein und demselben Subjekt. Diese ist unsere jetzige Fatalität, ein innerer Taumel, eine Zersplitterung ins Identische, ins Gespenst des Identischen. Nicht mehr durch die anderen oder von den anderen sind wir entfremdet, sonder von unseren zahllosen möglichen Clones. Das aber bedeutet, wir sind überhaupt nicht mehr entfremdet, noch entzweit, noch zerrissen. Da die anderen als sexueller und sozialer Horizont praktisch verschwunden sind, beschränkt sich der geistige Horizont des Subjekts auf den Umgang mit seinen Bildern und Bildschirmen. Was sollte da noch Sex und Begehren für es bedeuten?  Als minimales Element eines umfassenden Netzwerkes wird es unempfänglich für die anderen und für sich selbst ...".[69]

 

Baudrillards Entwurf vom "fraktalen Subjekt der Videowelt" war noch 1988 in seiner technischen Metaphorik nicht korrekt, insofern damals jede Kopie durch Qualitätsverlust als solche erkennbar blieb[70] (ähnlich dem beim fotografischen Negativ, das auch in Generationen zu unterscheiden versucht[71]). Das fraktale Subjekt jedoch kopiert sich heute wie das digitale in gleichartige Teile - und habe das laut Baudrillard mit dem Preis der Verführung und des Begehrens bezahlt. Da etwa Madonna alle möglichen Variationen von Identitäten durchspiele (in einer Art von "Trauerarbeit"), so Baudrillard an anderer Stelle, habe sie dafür den Preis der Alterität, der sexuellen Differenz, des Begehrens bezahlt.[72] Wo Männer "die Frau" als "das Andere" bestimmt hätten, wo Frauen sich nunmehr "selbst" erfinden müßten, dort würde die Kategorie des Anderen, der Differenz vollständig aufgelöst zugunsten einer unübersehbaren Vielfalt, würde das Bild auch der Frau aufgelöst in eine innere Differenzierung ins Identische.[73] Also habe z.B. Madonna keine Identität mehr.[74] Mir scheint: es ist Baudrillard, der taumelt, nicht "das Subjekt", das eben kein medienhistorisch unabhängiges Konzept ist. Sein Begriff von Begehren wäre einer dekonstruktiven Lektüre zu unterziehen, die nicht mehr automatisch von der natürlichen Zweigeschlechtlichkeit, ihrer Komplementarität usw. ausgeht. "Das Subjekt" muß neu gedacht werden. Auch im Zeitalter der digitalen Reproduktion schließt das kein Begehren aus.

 

So ist bei Gilles Deleuze auch das Herz dasjenige Organ, das in die Wiederholung verliebt ist (während der Kopf das Organ der Tauschakte sei).[75] Deleuze entwickelt einen Wiederholungsbegriff, der sich nicht an das Identische bindet, sondern an die Singularität: 

"Als Verhaltensweise und als Gesichtspunkt betrifft die Wiederholung eine untauschbare, unersetzbare Singularität. Die Spiegelungen, Echos, Doppelgänger, Seelen gehören nicht zum Bereich der Ähnlichkeit oder der Äquivalenz; und so wenig echte Zwillinge einander ersetzen können, so wenig kann man seine Seele tauschen. Ist der Tausch das Kriterium der Allgemeinheit, so sind Diebstahl und Gabe Kritierien der Wiederholung. Zwischen beiden besteht also eine ökonomische Differenz.

Wiederholen heißt sich verhalten, allerdings im Verhältnis zu etwas Einzigartigem oder Singulärem, das mit nichts anderem ähnlich oder äquivalent ist."[76]

 

Wenn man so will, sind die identischen Michaels und Bliges Illustrationen dieses Wiederholungskonzepts, das auf Überschreitung "des Gesetzes" durch Ironie zielt[77] und das Deleuze auch eine "zweite Wiederholung" nennt, die die Differenz umfasse, während die "erste Wiederholung" diejenige des Gleichen wäre.[78] Es wäre möglich, As mit Deleuze zu lesen, mit dessen Begriffen von "Ewigkeit versus Beharrlichkeit", seinem Bezug auf wissenschaftliche Experimente (ihre Gesetze, Wiederholbarkeit) und die Übertragung von "Naturgesetz" auf "Sittengesetz" oder auch die Beziehung, die die Psychoanalyse zur Wiederholung und Verdrängung und dem Todestrieb entwirft (dem interessanterweise eine positive, fundamentale Rolle beim Wiederholungsprinzip zufällt).[79]

Aber auch diese Abbildung von Begriff und Bild geht nicht nur ineinander auf bzw. bleibt nicht stehen, denn "vielleicht vielleicht ist diese Wiederholung als äußeres Verhalten ihrerseits Widerhall eines noch heimlicheren Bebens, einer inneren und tieferen Wiederholung im Singulären, das sie beseelt."[80]

 

8. Wie ein Schluß:


As verabschiedet die Vorstellung, nach der nur ein einmaliges und (u.a. sexuell) identifizierbares Subjekt von Liebe und Begehren sprechen kann.

 

As kommentiert das Klonen als Herstellung potentiell unendlich vieler Gleicher in traditioneller Weise: einer ist gleicher als die anderen (der DJ).

 

As kürzt die Urgroßenkel, Gottes Vorsehung und Mutter Natur aus der Vorlage, um selbst vom Ende der Zeitlichkeit zu singen - womit die inhärenten Begriffe von Geschichte und von Liebe auf visueller Ebene konterkariert werden. Denn wir sehen: es IST bereits der Tag, an dem Delphine fliegen, an dem heute und morgen nicht mehr durch die Altersstufen von Generationen zu unterscheiden sind, an dem die Grenze von ich und du fraglich ist.

 

Und trotzdem gilt: auch dieses Leben hat der Liebe versprochen, ewig zu dauern.



Literatur

 

David Antin, Die wesentlichen Charakteristika des Mediums, in: Bettina Gruber, Matrina Vedder (Hg.), Kunst und Video, Köln (Dumont) 1983, 32-39

 

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Peter Weibel, Was ist ein Videoclip? in: Veruschka Bódy, Peter Weibel (Hg.), Clip, Klapp. Bum.Von der visuellen Musik zum Musikvideo, Köln (Dumont) 1987, 274 ff.

 

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(anon.), GEORGE MICHAEL News and Info Page - The longest serving WEB page for the fans of George Michael, www.ozemail.com.au/~alhatu/gm.htm#bestofvideo (ges. am 30.10.99)

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(anon., o. Titel), www.sonymusiceurope.com/artistbrowser/db/000329de.html (ges. am 30.10.99)


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(anon., o. Titel), www.mtv.com/mtv/news/gallery/m/michaelg981113_2.html (ges. am 30.10.99)



[1] Herbert Gehr, The gift of sound and vision, 1993, 13.

[2] Vgl. Lawrence Grossberg, The Media Economy of Rock Culture: Cinema, Post-Modernity and Authenticity, 204 f. et passim.

[3] Bei den Dreharbeiten zu The Crow starb 1993 der Hautptdarsteller Brandon Lee. "Lees Gesicht wird per Computertechnik dem bereits gedrehten Material entnommen, in neue Szenen eingepaßt und teilweise mit dem Körper eines Doubles kombiniert." Making of ... Wie ein Film entsteht, 19. Vgl. auch Nadia Magnenat-Thalmann, Rendez-vous à Montréal, 1987: Marilyn Monroe und Humphrey Bogart werden komplett errechnet.

[4] Vgl. Skunk Anansie, Hedonism; Michael Jackson, Black or White; George Michael, Fastlove; Offspring, The kids aren't alright, u.v.a. .

[5] Wenige Ausnahmen: Björk, Hunter; Seal, Human Beings; Yahoo, Squeeze (die beiden letzten 1999). (Das wäre ein anderes Thema für "Serialität": Morphing im Verhältnis zu Konzepten von Einzigartigkeit/Individualität, Serialität/ Austauschbarkeit...).

[6] Peter Weibel, Was ist ein Videoclip?, 1987, 274.

[7] Vgl. Freud 1919, Das Unbehagen in der Kultur, das Unheimliche - Ein vertrautes, das Geheimnis bleiben sollte, nun aber hervorgetreten ist; ein unheimliches Gefühl bei der Begegnung mit Doppelgängern und seelenlosen Wesen, beim Ich-Vertauschen oder der Wiederkehr des Gleichen ...

[8] "Die Videokamera setzt optische Bilder in elektrische Signale um. (...) ... das Licht, das vom zu filmenden Objekt reflektiert wird, [trifft] durch das Objektiv auf eine photoelektrisch-empfindliche Schicht der Aufnahmeröhre. Hier wird das optische Bild in ein elektronisches Hell-Dunkel-Raster umgewandelt - aus Lichtwerten werden elektrische Spannungswerte." Im Recorder: "Oxidteilchen werden durch Elektromagnet/Wechselstrom ausgerichtet, "entsprechend der jeweiligen Stromstärke und -richtung." Bettina Gruber, Maria Vedder, DuMonts Handbuch der VideoPraxis: Technik, Theorie und Tips, 1982, 110, 45.- "In der Videokamera wird innerhalb 1/50 Sekunde das optisch erzeugte Bild zeilenweise abgetastet und für jeden abgetasteten Bildpunkt die Hell-Dunkel-Information und die Farbinformation für Blau, Grün und Rot in einen elektrischen Impuls entsprechender Frequenz umgewandelt." Das ist eine analoge Aufzeichnung: "... die Information wird faktisch in einen 'Ton' bestimmter Frequenz umgewandelt und als solcher aufgezeichnet." Bei einer digitalen Aufzeichnung werden Bildpunkt-Werte quantifiziert, jeder Zahl wird eine 0-1-Folge zugeordnet (hell/Dunkel/Farbe als eine von 255 in Dualsystem) - diese ist auch auf Magnetband speicherbar. Jost J. Marchesi, Photokollegium. Ein Selbstlehrgang über die technischen Grundlagen der Photographie (Lektion 85 über magnetische Bildaufzeichnung (MAZ) und Video), 43 f..

[9] Friedrich Heubach, Die verinnerlichte Abbildung oder Das Subjekt als Bildträger, 63.- Es kommentiert Matthias Vogel, Vom Verschwinden und Erscheinen der Körper auf dem Bildschirm. Lauterkeit und Lügenhaftigkeit des Video, 1991, 254: "Der schlichte Glaube, künstlerische, einem kleinen Publikum zugängliche Videoarbeiten dienten - im Gegensatz zu den Vorspiegelungen des Massenmediums Fernsehen - zur Selbst- und Welterkenntnis, ist längst in der Krise. Seine Kraft schöpfte der Glaube aus der Tatsache, dass die Videotechnik in der Lage ist, ohne zeitliche Verzögerung Menschen und Dinge auf dem Bildschirm darzustellen. Die simultane Gegenswart von Bild und Abbild, Schöpfer und Schöpfung, so die Überzeugung, lasse bei entsprechender Versuchsanordnung (instant-replay) keine manipulativen Eingriffe zu. Alles, was vom Kameraauge festgehalten werde, müsse so und nicht anders auch ausserhalb des elektromagnetischen Bandes dasein. Auf Simulation und Imitation der Lebenswelt, Verfahren, mit denen uns das Fernsehen stumpf für die unmittelbare Anschauung macht, könne in dem verwandten und doch grundverschiedenen Medium Video verzichtet werden."

[10] Tom Holert, Die Kunst der Kontrolle. Anmerkungen zu Video, Authentizität und Überwachung, 1996, 75.

[11] Holert 72, 78.

[12] Holert 72.

[13] Vgl. Holert 78.

[14] David Antin, Die wesentlichen Charakteristika des Mediums, 38.

[15] Antin, Die wesentlichen Charakteristika des Mediums, 39. - Antin spricht ebenfalls von der Faszination des sich-Selbst-in-Echtzeit-Abbildens, aber 1976 noch mit 8 Sekunden Verzögerung.

[16] Holert 72.

[17] Jody Berland, Sound, Image and Social Space: Music Video and Media Reconstruction, 1993, 37.

[18] Kollektiv blutende Schwertlilie (alias Jutta Koether und Dietrich Diederichsen), Wenn Worte nicht ausreichen. Was will das Video, und wer sind seine Eltern?, 242. Der Clip funktioniere wie ein "Megalöschblatt" für alle kulturellen Genres, 242 f.

[19] Gerda Lampalzer, Videokunst. Historischer Überblick und theoretische Zugänge, 1992, 123, 128.

[20] Appropriation of historical styles and codes, decontextualization, recontextualization, bricolage:

 "In this pluralism, any number of historical styles exist for use in the present, but that use is organized across a multiplicity of coherent images or texts..." - "The overwhelming tendency in writing on music television is to see its appropriation of historical styles and codes as a process of decontextualization...", so Will Straw, Popular Music and Postmodernism in the 1980s, 1993, 17 f..

[21] Inga Lemke, Auf dem Weg zur Videotie? Audiovisuelle Kultur in den 80er Jahren, 3. Aufl. 1994, 151.

[22] Herbert Gehr, The gift of sound and vision, 1993, 13.

[23] ... wie Gehr meint, aus Notlagen heraus, wenn die Kamerateams den Stars nicht nachreisen konnten. Ebd.

[24] Ebd., 18, und Matthias Michel, Die 'nackte Form', 74, 77. Michel nennt als Vorläufer auch den Musikkinofilm der Beatles, A Hard Day's Night von 1964. (Die vier sehen übrigens besonders zu dieser Zeit fast identisch aus oder sind zumindest als Pilzköpfe so wahrnehmbar.)

[25] Gehr 19.

[26] Eine Geschichte des Senders MTV findet sich in Sound&Vision.

[27] David Kleiler, Robert Moses: You Stand There. Making Music Video: The Ultimate How-To Guide and Behind-the-Scenes Look at the Art of Music Video, 1997, 21 f..

[28] Gehr, 12: dem Rebellentum geklaut von der Konsumindustrie. – Vgl. Andrew Goodwin, Fatal Distractions: MTV meets Postmodern Theory, 62: postmoderne Kritiker sagten, MTV sei ahistorical, apolitical, amoral (so Tetzlaff, Fiske 1986).

[29] Goodwin, Fatal Distractions, 54.

[30] David E. James, Lenin, Dada, Punk und MTV. Kontinuitäten und Diskontinuitäten, 1994, 117: Mitte der 80er weigerten sich manche Bands, Musikvideos zu produzieren, u.a. Sonic Youth, The Butthole Surfers, The Dead Kennedys, die Replacements. Letztere beiden machten Alben, die MTV attackierten: MTV, Get Off the Air, 1985, und Seen Your Video, 1983. James sieht darin einen Versuch, die Verschaltung kommerzieller Instanzen aufzubrechen. - Die Replacements machten dann ein "Anti-Video": Hold My Life, 1986, zeigt eine einzige statische Aufnahme eines Lautsprechers.

[31] So Gehr 18. - MTV nimmt ca. 1/3 aller produzierten Clips an, ein Teil davon wird mehrmals täglich gespielt.

[32] Kleiler, Moses 23. Im "verflixten 7. Jahr" wurden halbstündige "Club-"Programme eingeführt, außerdem M2, AMP (25). Goodwin, Fatal Distractions: MTV meets Postmodern Theory, 57 f., über "dayparting": MTV hat seit 1988 sog. Slots. Formate werden an bestimmten Tagen immer um die selbe Uhrzeit gesendet. Außerdem werden weitere non-music slots eingerichtet, so daß MTV von anderen unterhaltungskanälen nur noch durch das Außmaß der Wiederholungen unterschieden ist. MTV ist "now represented in a framework which is very far indeed from seamless, unbounded‚flow‘." MTV biete eine "supposedly ‚timeless‘ experience of watching MTV". 24.

[33] Kleiler, Moses 19 f..

[34] Thomas Mank, Im Mahlstrom der Bilder. Absoluter Film und Medienkultur, 1994, 22 f.: Musikindustrie, Vermarktung, Endlosschleife, permanente Präsenz, allgemeine Verfügbarkeit des Fernsehens, Kontinuität mit Werbeästhetik.

[35] Kleiler, Moses zur Geschichte des Clips: "Our Back Page", 12-25, hier 12: die Geschichte startet mit der ersten Oper 1598, Daphne von Octavio Rinuccini.

[36] Vgl. den Beitrag von Helmut Herbst in Sound&Vision; William Moritz, Bilder-Recycling. Die Wurzeln von MTV im Experimentalfilm, Thomas Mank, Im Mahlstrom der Bilder. Absoluter Film und Medienkultur.

[37] Gramann interviewte John Marybury, einen der von Jarman beeinflußten Videoregisseure, vgl. Sound&Vision, und es geht viel um Camp und ums Schwulsein. Vgl. auch: David E. James, Lenin, Dada, Punk und MTV. Kontinuitäten und Diskontinuitäten, 1994, 101, und Michael O'Pray, 152-154.- Vgl. in diesem Zusammenhang die neue sexualisierte Darstellung männlicher Stars: "Tatsächlich erhält der Mann (auch und v.a. der heterosexuelle) im Zuge der Rock'n'Roll-Ästhetik eine bis dahin ausschliesslich den Frauen vorbehaltene objektivierbare sexuelle Visualität, was nebenbei eine Grundvoraussetzung für den Diskurs gegen das Patriarchat darstellt." Matthias Michel, Die 'nackte Form'. Kommerzialisierung und Visualisierung des Rock'n'Roll, 1994, 71, in einer Fußnote zu Scorpio Rising.

[38] Dazu schreibt Cecilia Hausheer: "Der experimentellen Narration analog, sind im Musikvideo die illusionsbildenden Strategien des klassischen Erzählkinos, wie unsichtbarer Schnitt, indirekte Anrede u.ä., ausser Kraft gesetzt. Doch damit sind die Musikvideos von ihrer Bedeutung her noch keine avantgardistischen oder subversiven Texte, die im Popsong ihre konventionelle Entsprechung haben. So basiert der Popsong hochgradig auf Wiederholung von Elementen wie Strophe und Refrain, auf der Repetition von Textteilen, melodischen Figuren und Rhythmen. Die erzählerische Logik der Musik entwickelt die Auflösung von Spannungen und Konflikten zeitlich nicht linear, sondern viel eher über Wiederholungen. Aufgrund der Ton-Bild-Korrespondenzen im Musikvideo tauchen die Wiederholungsfiguren auch im Video auf und erwecken bei rein visueller Lesart den Eindruck von fragmentierter, nichtlinearer, unzusammenhängender Narration." - "Wiederholungsstrukturen im Musikvideo repräsentieren also eine Eigenheit des Genres, die ihre Begründung in der Struktur des Popsongs hat. Im popmusikalischen Kontext bedeutet eine nicht-lineare Erzählweise, wie sie u.a mit der Strategie der Wiederholung geschaffen wird, nicht 'Subversion', sondern 'Konvention'. Im Gegensatz zur Musik bildet im Film das Prinzip der Wiederholung kein medienspezifisches gestalterisches Grundelement." 187 und?.

[39] Vgl. Richard Kämmerlings, Immer dasselbe, reichlich vieltönig. Kulturwissenschaftler suchen das Neue in den Wiederholungen von MTV (Rezension von Klaus Neumann-Braun (Hg.), Viva MTV. Popmusik im Fernsehen. Suhrkamp 1999), in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7.8.1999, 43. Kostprobe: "MTV ist eine Dauerwerbesendung. Da die Anzahl der Posen begrenzt ist, die der frisch dem Ghetto entronnene Gansta-Rapper beim Rappen einnehmen kann, ist Langeweile programmiert."

[40] Zu den verschiedenen Modi von Wiederholung schreiben Hartmut Winkler und Heike Klippel, "Gesund ist, was sich wiederholt". Zur Rolle der Redundanz im Fernsehen, 1991/1994, o.S.: "Beim Großteil dessen, was man als Wiederholung bezeichnen muß, handelt es sich allerdings nicht um exakte Reproduktion, sondern um Regularitäten, die sich im Material mehr oder minder deutlich abzeichnen.

Darüber hinaus gibt es jedoch eine Vielzahl von Mustern, die mit einer solchen Beharrlichkeit wiederholt werden, daß es kaum vorstellbar ist, hier würde je etwas geändert. So scheint es unabdingbar, daß das Gesicht dessen, der die Nachrichten spricht, im Bild zu sehen ist, oder daß der Auslandsreporter wirklich und tatsächlich auf dem roten Platz friert. Schließlich gibt es ein einziges Element, das sich bei allen Fernsehbildern gleichermaßen wiederholt: das Gerät selbst, also sein Rahmen und die Rasterpunkte des Bildschirms. So schlicht dies auch klingen mag, hierin liegt sicher einer der wichtigsten Gründe dafür, daß sich selbst die heterogensten Bilder immer noch ähneln. Sie besitzen alle die gleiche Textur und sind alle unter die Herrschaft des gleichen Rahmens gezwungen."

[41] Kleiler, Moses 40.

[42] Kleiler, Moses 37. Die Verbindung läuft über den Songtext. Am größten ist die Nähe beim Rap. Bei Madonna seien "'story' and 'performance' ... one and the same".

[43] " Die doppelte Identität der MusikerInnen als Erzählende und gleichzeitig Figuren der Geschichte und die damit verbundene doppelte Anrede begründen die Ordnung der Diskurse, die im Gegensatz zum klassischen Erzählkino eine nicht-hierarchische zwischen Autorenschaft und Figur ist." Hausheer 188.

[44] ... vgl. Tricky, God Is A DJ ...

[45] Vgl. die GEORGE MICHAEL News and Info Page - The longest serving WEB page for the fans of George Michael: "Beverly Hills Police Officer Marcelo Rodriguez filed a lawsuit September 13, 1999, in the Los Angeles Superior Court of California against Georgios Kyriacos Panayiotou, AKA George Michael. Officer Rodriguez arrested Michael more than a a year ago for performing a lewd act in a public place, to which the defendant pleaded no contest in May 1998. The officer is suing Michael for Slander Per Se for his continued remarks about being entrapped, which have been reported widely in the media and released in a new song and video entitled "Outside." According to the suit, the song and video mock the officer and portray him as the one violating the law. The police officer is also suing Michaels for Intentional Infliction of Emotional Distress and Negligent Infliction of Emotional Distress."

[46] "George Michael Discusses 'Missing' Mary J. Blige Track: ... the track was pulled at the last minute from this U.S. version by Blige's record label, even though it appears on the various international versions of Michael's new album. Apparently Michael and Blige, who met throughproducer and R&B vocalist Babyface, went into the studio to cut the song before they had received approval from her label, and since Blige's last studio record, 'Share My World,' went multi-platinum in the U.S. and Michael's ('Older') decidedly did not, MCA didn't feel motivated to allow Blige to appear on Michael's album. Further negotiations resulted in the compromise allowing the overseas edition of "Ladies & Gentlemen" to include the track, because Michael remains a bigger commercial draw internationally than Blige."

www.mtv.com/mtv/news/gallery/m/michaelg981113_2.html, 11.13.98.

[47] Interessanterweise identifiziert der Anfang des Clips das Gesetz als weiblich.

[48] "November 9, 1989. In a West London studio surrounded by what Joan Didion described as 'the ominous blinking electronic circuitry with which musicians live so easily live', George is working on Listen Without Prejudice Vol. 1. 'I was trying to get rid of what I'd done with Faith,' he explains later. 'I think stylistically, although the songs are really good, I'd wandered off my natural path. Also I was too concerned with criticisms of my earlier stuff and that lead me to make an album that I thought maybe rock critics would have a more sympathetic view of. So there were lots of acoustic guitars and much more natural instrumentation and I was trying to emulate certain things that were too white in origin for me to really be comfortable with. I can't truly express myself fully without some R&B influence and with Listen Without Prejudice I drifted away from the black elements of my music.'"

[49] as: 1. (adv.) ebenso wie (cold as ice, twice as far);

2. (conj.), (compar.);

(concession) da, wenn auch, obgleich (old as I am);

(time), als, während,

(in the capacity of) als ob (let me tell you as a friend);

(manner) do as I say;

(condition) wenn, so wahr du mich liebst (as you love me);

(insertion) as is the case, as follwos, as compared with, as usual, as regards;

(with prepositions) as for me, was mich betrifft...;

(before inf.) be as good as to ... seien Sie so gut, ...;

3. (rel.pron.) such a fool as to believe, such as I like, as we percieve...

[50] - übrigens nicht wie bei Whitney Houston, "I will always love you", sondern mit dem Partizip Präsens im Gerundium, will be loving you.

[51] Parrot: Papagei, fig. Nachschwätzer.

[52] Vgl. Gilles Deleuze, Differenz und Wiederholung, 1968/1992, 39, über den Reim: "Er ist zwar verbale Wiederholung, eine Wiederholung aber, die die Differenz zwischen zwei Wörtern umfaßt und sie ins Innere einer poetischen Idee einschreibt, in einen Raum, den er bestimmt."

[53] folgende Strophen fehlen:

"Just as time knew to move on since the beginning

And the seasons know exactly when to change

Just as kindness knows no shame

Know through all your joy and pain

That I'll be loving you always."

... (Nach der ersten Wiederholung des Refrains:)

"Until the earth starts turning right to left

Unitl the earth just for the sun denies itself

Until dear Mother Nature says her work is through

Until the day that you are me and I am you"

(...)

"We all know sometimes lifes hates and troubles

Can make you wish you were born in another time and space

But you can bet your life times that and twice its double

That God knew exactly where he wanted you to be placed

So make sure when you say you're in it but not of it

You're not helping to make this earth a place sometimes called Hell

Change your words into truths and then change that truth into love

And maybe our children's grandchildren

And their great-great grandchildren will tell" ...

[54] Eine Verheißung übrigens, die die Einführung neuer Medien ebenso regelmäßig begleitet wie die entsprechende Warnung vor Realitätsverlust.

[55] passing bezeichnet übrigens auch eine/n Homosexuelle/n, die oder der als hetero durchgeht.

[56] Politische und ethische Fragen im engeren Sinne klammere ich hier aus. Verwiesen sei darauf, daß bereits Eizellen im Internet zu ersteigern sind. Vgl. Florian Rötzer, Eizellen im Internet.

[57] "In order to edit digitally, you must transfer your analog tape to a digital format and digitally store the video signal on a omputer hard drive before you can use the computer to edit. This conversion of your videotapes into a digital format called, not surprisingly, 'digitizing', takes time, but it changes your editing process itself. To digitize, you play your footage from the telecine session back on a videotape deck that feeds into the computer. However, you should babysit the computer. This radically changes your logging process. The software of an Avid, for example, is designed to force you to log and organize your footage as you digitize." Kleiler, Moses 160 f..

[58] Kleiler, Moses 159.

[59] Ebd. Und: "In a digital format, the signal gets broken down into a binary system - 1s and 0s - and imprinted on the tapes with electronic pulses. Digital audiotape (DAT), and digital videotape formats (DigiBeta, and D2) rely on a time-space-continuum, as analog does, but the digital signal can be stored in much less space. And it's not making a representation of the image or waveform, it's creating a series of 1s and 0s."

[60] "Mit MP3 (Motion Picture Experts Group Audio Layer) werden digital gespeicherte Musikstücke auf etwa ein Zwölftel der ursprünglichen Größe komprimiert. Ein CD-Titel von etwa fünf Minuten Spielzeit benötigt somit nur noch etwa 4-5 MB Speicherplatz. Ein Unterschied zur CD ist kaum zu hören. Für die Musikindustrie ist MP3 aber ein Schreckgespenst: innerhalb kürzester Zeit können eigene CDs mit entsprechender Software in Audiodateien umgewandelt und via Internet der ganzen Welt zum Herunterladen angeboten werden." unicum 11/1999, 24.

[61] Kleiler, Moses 160. Und über "the first wave of digital, or 'nonlinear editing systems' ", Mitte der 80er Jahre: "For the last decade, people have referred to digital editing as 'nonlinear', but, as the guidebook to the most popular off-line digital editing system, the Avid, points out, 'the process itself is nothing new to film. Film editors have always had the abilty to launch into a project at any point, move whole sections and insert shots at will'. Strictly speaking, nonlinear editing means that qou don't have to cut your show in order.

When you cut digitally, you're never really 'recording' anything as all of your cuts are virtual - they happen only in the memory of the computer, where they can be saved, deleted, and recalled at will. After you insert that shot, you can easily access the shot that you just recorded over." Ebd.

[62] Vgl. Winkler, Docuverse, 132: rückwärtig wird eine Ökonomie sichtbar, die auf Hierarchie und Ursprung setzt.

[63] Der Zugriff auf einzelne Szenen folgt auf dem Filmstreifen entsprechend dem zeitlichen Hintereinander der Aufnahmen; um die Szenen "nebeneinander" verfügbar zu haben, müssen sie benannt werden, um noch auffindbar zu sein. Kleiler, Moses 161: "Since all of your material is digitized, or converted from video information into digital information, it can now be randomly accessed. This means no more fast-forwarding or rewinding, but it also means that you have to have an entry or a 'clip name' for every moment you want to use in order to randomly access a specific moment. In effect, you edit before you start editing. Since you have to type a name for each moment, you only pull 'selects', or the best moments that you think you are going to use. You create 'bins', which are the equivalent of folders in Macintosh programs, in which you can put together different types of footage."

[64] Kleiler, Moses 162: "Now that AVIDs can output at AVR 77 - a resolution at which you'd never be able to tell the result was digital - online suites are becoming outmoded."

[65] Winkler, Docuverse, 131 und 132: "Im Rücken der seriellen Techniken also waren immer Mechanismen in Arbeit, die der Serialität selbst wiedersprachen, diese vielleicht dadurch aber gerade möglich gemacht haben."

[66] Im Gegenteil versammeln sich unter diesen Bezeichnungen jeweils Konglomerate von Apparaten und Arbeitsweisen, die sehr weit auseinanderliegen können und historisch variieren, aber dennoch als Einheiten wahrgenommen werden.

[67] Peter Weibel, Die Welt der virtuellen Bilder. Zur Konstruktion kontextgesteuerter Ereigniswelten.

[68] Jean Baudrillard, Videowelt und fraktales Subjekt, 1988, 252: "Die Transzendenz ist in Tausende von Fragmenten zerborsten, die wie Bruchstücke eines Spiegels sind, in denen wir flüchtig noch unser Spiegelbild grifen können, bevor es vollends verschwindet. Wie in den Fragmenten eines Hologramms ist in jeder einzelnen Scherbe das gesamte Universum enthalten."

[69] Baudrillard 252 f..

[70] Madonna hingegen, die doch gerade in Vogue vorgeführt hat, wie sie in allen Verkleidungen EINE Person bleibt, hat die alten analogen Medien als Vergleichsfolie gewählt, um eine Differentialität vorzuführen, derer EIN Subjekt noch glauben konnte Herr zu werden. - Vgl. Bergermann, Vogue. Damals endete ich: "Ein Star muß sich immer noch wie Negativ und Abzug aus Bild und Leben zu EINEM zusammensetzen lassen. Clones oder sich selbst reproduzierende Viren im Internet etwa, also wirklich neue Medien, bringen diese Ganzheiten nicht mehr auf. Es sei denn, es gäbe einen Zentralrechner, der alles in EIN Bewegungsmuster taktete: Cloning." Jetzt scheint der Zentralrechner installiert.

[71] Gegenüber dem fraktalen Subjekt im Medium Video erscheint das Subjekt im fotografischen Bilduniversum zwar potentiell unendlich oft zu vervielfältigen, denn von einem Negativ kann es beliebig viele Kopien geben, aber das Negativ funktioniert immer noch wie ein wenn auch verkehrter Spiegel des einheitlichen Selbst, als Zentrale für die Vervielfältigung. Baudrillard zitiert jedoch mit dem digitalen Produktionsmechanismus im Bild des mathematischen Fraktals ein Modell ohne Negativ, denn jedes Element eines fraktalen Bildes selbst enthält alle Informationen für die weiteren und läßt sich nicht auf ein Original zurückführen.

[72] "Elle fabrique ce qu'elle peut dans une sorte de travail de deuil. (...) L'altérité, l'étrangeté, quelque chose qui fait qu'il y a plus qu'une difference sexuelle, une séduction, et que chacun reste l'autre pour l'autre, e'est à dire que l'étrangeté ne soit pas abolie, malheureusement, dans ce métissage, ce cocktail, je ne le vois plus. Et pour moi, là, le pris payé est déjà très cher." Baudrillard in seiner Trauerarbeit, in: Jean Baudrillard, Madonna deconnection, 1994, 33.

[73] ... , die auch nicht mehr nach dem Prinzip der Mode, des Wechsels, des gender-crossings funktionieren kann. Während Baudrillard fortfährt, "nicht mehr durch die anderen oder von den anderen sind wir entfremdet, sondern von unseren zahllosen möglichen Clones. Das aber bedeutet, wir sind überhaupt nicht mehr entfremdet" (Baudrillard, Videowelt, 252.), wäre ein Vogueing aus Klonen oder eine Madonna ohne Kampf gegen (z.B. sexuelle) Entfremdung undenkbar.

[74] Baudrillard, Madonna déconnection: sie sei in einem "espèce d'auto-référence", "il n'y a plus d'autre, plus d'altérité", 29 f.. - "Est-ce que les femmes, si on imagine qu'elles arrivent à se produire, est-ce qu'elles von être capables de produire l'autre?" 33.

[75] Deleuze, Differenz und Wiederholung, im Weiterschreiben der Formulierung "auswendig lernen", apprendre par coeur, 16.

[76] Deleuze 15.

[77] Deleuze 17: "Wenn die Wiederholung möglich ist, so entspricht sie eher dem Wunder als dem Gesetz. Sie steht gegen das Gesetz: gegen die ähnliche Form und den äquivalenten Gehalt des Gesetzes. Wenn die Wiederholung selbst in der Natur noch vorgefunden werden kann, so im Namen einer Macht, die sich gegen das Gesetz manifestiert und unter, vielleicht auch über den Gesetzen wirksam ist. Und wenn die Wiederholung existiert, so drückt sie jeweils eine Singularität gegen das Allgemeine aus, eine Universalität gegen das Besondere, ein Ausgezeichnetes gegen das Gewöhnliche, eine Augenblicklichkeit gegen die Variation, eine Ewigkeit gegen die Beharrlichkeit. Die Wiederholung ist in jeder Hinsicht Überschreitung. Sie stellt das Gesetz in Frage, sie denunziert dessen nominalen oder allgemeinen Charakter zugunsten einer tieferen und künstlerischeren Wirklichkeit."

[78] Deleuze 42: Die erste Wiederholung ist die Wiederholung des Selben, stellt eine Identität des Begriffs oder der Repräsentation her, besteht aus Gleichheit, Kommensurabilität, Symmetrie; die zweite Wiederholung umfaßt die Differenz, ist singulär, dynamisch und gründet sich auf das Ungleiche, Inkommensurable, Asymmetrische.- Vgl. im weiteren die Wiederholbarkeit des wissenschaftlichen Experiments und das Verhältnis von "Sittengesetz" und "Naturgesetz".

[79] Deleuze 17, 18, 33 et passim.

[80] Deleuze 15 f..