Elke Bippus

   

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konzeptionelle Überlegungen

 
 
       
 

Konzeptionelle Überlegungen zu Serialität: Reihen und Netze

 

Serie kommt vom lateinischen series und meint "Kette, Reihe, Folge". Etymologisch ist Serie mit sero der "Verknüpfung" verwandt. Die Wortbedeutung entspricht der im Titel vorgenommenen doppelten Charakterisierung von Serialität mit Reihe und Netz. Die Serie als Kette ist Symbol der Verknüpfung aller Dinge zu einem Ganzen und einer vollkommenen Ordnung. Jedes Glied einer Kette existiert um der Vollständigkeit des Systems willen.[1] Die Kette geht aus der Tätigkeit des "Fädelns" hervor, wie sie Villem Flusser beschreibt, die "hinterrücks die Geste der Wissenschaft"[2] schildert:

"Das Fädeln geht folgendermaßen vor sich: Man erblickt eine Szene, in welcher sich verschiedene Elemente zueinander verhalten, zum Beispiel eine Strandszene, in der verschiedene Muscheln irgendwie im Sand gruppiert sind. Oder man taucht ins Meer und erblickt auf dem Meeresgrund Perlenmuscheln, die dort lagern. Oder man erblickt ein Beet voller Hülsenpflanzen, an denen die Hülsen irgendwie hängen. An den erblickten Sachverhalten interessieren nur die fädelbaren Elemente – alle übrigen, und auch die zwischen ihnen bestehenden Verhältnisse, bleiben unbeachtet. Die Elemente werden aus ihrem Sachverhalt herausgerissen – sie werden aufgelesen. Um sie herauslesen zu können, muß man sie zuvor entdecken: Die Muscheln am Strand müssen aus dem Sand gegraben, die Perlen aus ihren Schalen herausgebrochen, die Erbsen von ihren Hülsen hervorgeholt werden. Der Sachverhalt muß entziffert werden. Die aufgelesenen Elemente können wahllos, zufällig, aufgehäuft werden. Dann kann man heurisitisch in den Haufen greifen und ein Element nach dem anderen herausnehmen, um sie probeweise aneinanderzureihen. So werden hypothetische Muschel-, Perlen- und Erbsenketten entstehen. An diesen Ketten wird man nun so lange herumfingern, bis sie irgendeinem vorgefaßten Kriterium entsprechen: bis sich die Elemente darin nach Größe oder Farbe oder Form ordnen. Ist nun die hypothetische Kette so, wie sie sein soll, dann wird man mit einer Nadel kleine, möglichst unsichtbare, Löcher in die Elemente stoßen. Diese Manipulation der Elemente soll später der Kette nicht anzusehen sein. Daraufhin wird man, mit Nadel und Faden versehen, die Elemente miteinander verketten. Die fertige Muschel-, Perlen- oder Erbsenkette kann dann verwendet werden: als Tauschware für andere Werte (ethisch), als Schmuck (ästhetisch), zum Zählen (epistemologisch)."[3]

Die Serie als Kette ist – indem Reihen und Ketten zu einem Netz verknüpft werden – in ein Gewebe transformierbar. Die Elemente einer Serie werden dabei mit solchen anderer Serien kombiniert. Im Internetbereich sind es "Links", die Verbindungen zwischen Serien herstellen und Knotenpunkte bilden. Die Lektüre von Hyperfiction, die mit den Figuren des Umwegs und des Labyrinths charakterisiert werden kann, ist mit der Tätigkeit des Archäologen vergleichbar. Für den Archäologen sind nicht allein die Fundstücke von Belang, er beschreibt auch seine Suchwege und die wiederholten Suchbewegungen.[4]

Die Verknüpfungsstruktur stellt die Serie in ihrer irreversiblen Linearität mit einem Anfang und einem Ende in Frage, oder anders gesagt, das lineare Nacheinander der Reihe zerstreut sich im Netz der Verknüpfungen und ist zugleich aus dem Netz herzustellen. Im Nebeneinander von Reihe und Netz ist Serie ein dynamisches Strukturprinzip von Reihen und Netzen und nicht allein ein Nebeneinander von Schema und Variation. Serialität als Strukturprinzp verschränkt die je verschiedenen Konzepte, die an die theoretischen Figuren von Reihe und Netz gebunden sind. Das heißt, sie verschränkt: das lineare Nacheinander, die logische Abfolge, die Homogenität mit dem multi-linearen Raum, der Heterogenität, der Auflösung von Grenzen, und der Gleichzeitigkeit, um nur einige Theoretisierungen zu nennen.

Die Netzdarstellung des TheaLit-Laboratoriums Serialität: Reihen und Netze folgt dem Prinzip der Reihen und Netzbildung. Die Veranstaltungsserien und die einzelnen Beiträge des Laboratoriums sind durch verschiedene Symbole, denen sich die Teilnehmerinnen zugeordnet haben, miteinander verknüpft.


Die Veranstaltungsserien:


Serialität kann unter verschiedenen Aspekten in den Blick genommen werden, wie z. B.


– Serie und Wiederholung

– Serie und Individualität

– Serie und Muster

– Serialität als Untersuchungsmethode

– Serialität als Strategie des Verkettens

– Serialität als Netzstruktur

 

• Serialität als Strategie des Verkettens – Konzert

Liest man den Ankündigungstext von Mauretta Heinzelmann und Krischa Weber den Charakterisierungen von Reihe und Netz entsprechend, dann legen die Überschriften "Marie Claire spielt", "Marie Claire ist" und "Marie Claire ist inspiriert von Begebenheiten aus dem populären weiblichen Leben" nahe, ein genaues, gleichsam genealogisches Bild von Marie Claire wiederzugeben, womöglich eine lineare Entwicklung zu entfalten. Die unter den Überschriften aufgeführten Charakterisierungen  entwerfen jedoch eine Marie Claire, die eher der Struktur des Netzes folgt: Marie Claire ist eine künstlich geschaffene Figur, die sich verschiedenen Bereichen verdankt, etwa dem"Blondinenwitz" oder dem"Horoskop"– Bereiche, die dem gleichnamigen Magazin entnommen sind. Marie Claire erscheint in der adjektivischen Beschreibung als widersprüchliche Figur. Sie ist "laut" und "zart", sie ist "lyrisch" und "wild". Diese Kunstfigur wird durch eine Musik dargestellt, die nicht den seriellen repetitiven Reihen-Mustern allein folgt, sondern der"Klanglandschaft" einer"minimalistischen Musik– in alle Himmelsrichtungen".

 

• Serie als Untersuchungsmethode, Serie und Muster, Serie und Wiederholung – Symposium

Serielle Wiederholungen spielen für die Bildung und Identifizierung ähnlicher Elemente und Muster eine Rolle. Kerstin Brandes diskutiert Serialität als Methode in der medizinischen, psychatrischen oder kriminologischen Fotografie und konfrontiert sie mit Fotoserien der zeitgenössischen Kunst. Die Aufnahmeverfahren bildeten standardisierte Darstellungsmuster aus, welche Identifizierungen, Klassifizierungen und Wiederkennbarkeit beförderten. Andrea Sick widmet sich der Serialität als Technik der Bildherstellung im Bereich der Kartografie. In der Kartografie erlauben serielle Wiederholungen die Muster von Satelitenaufnahmen zu identifizieren. Wie bei der kriminologischen Fotografie geht es um die Erstellung musterhafter Daten. Das Muster ist jedoch eine paradoxe Figur, der das Scheitern der Darstellbarkeit inhärent ist.


Serien und serielle Strukturen sind nicht erst mit oder durch die moderne industrielle Fertigungstechnik entstanden und sind nicht allein Phänomene des 19. und 20. Jahrhundert. Als serielle Architektur – im Sinne von Standardisierung und Reihung und der Wechselbeziehung von Wiederholung und Variation – ist bereits der Wohnungsbau im Mittelalter zu bezeichnen. Anja Krämer stellt für  den Bereich der Denkmalpflege, in dem der Erhaltung des Originals der größte Stellenwert zukommt, einige unfreiwillige Serien vor.


Sigrid Nieberle geht der seriellen Verwendung von Mustern in der deutschsprachigen Web-Literatur nach, in der traditionelle Narrationsverfahren mit dem medientheoretischen Potential kollidieren. Literarische Mittel und Muster, die sich im 19. Jahrhundert herausgebildet haben, sind auch Strukturprinzipien von Hypertexten, die hierdurch in Widerspruch  zu ihrem medientheoretischem Potential stehen.

Dem Begriff der Wiederholung kommt innerhalb der Thematik der Serie besondere Bedeutung zu. Serielle Reproduktionstechniken im industriellen Bereich setzen auf die identische Wiederholung. Jedes Produkt einer Serie soll dieselbe Qualität besitzen. Die Reproduktion im Sinne einer transformierenden Wiederholung tritt hervor, wenn man nach dem Seriellen als Strukturprinzip fragt.


Die Videotechnik gehört neben Fotografie und Film zu den technischen Reproduktionsverfahren, die vor dem digitalisierten Bild den Anspruch identischer Vervielfältigungen und Verdoppelungen erhoben. Ulrike Bergermann analysiert das Musik-Videoclip As von George Michael und Mary J. Blige (1999), das die reproduktive Technik zum Thema macht.

Ein Blick auf die heutige Medienlandschaft zeigt: Massenmediale Produkte haben einen unwiderlegbaren notorischen Seriencharakter. In den sechziger und siebziger Jahren strukturierten Fernsehserien wie Lassie, Bonanza, Daktari oder Raumschiff Enterprise die Wochenenden der Familien. In den neunziger Jahren ist jeder Fernsehtag ein Serientag. Die Fülle von Angeboten wie Beverly Hills, Star Trek, Lindenstraße, Akte X, oder Baywatch sind  unter verschiedenen Genres wie dem der Familienserie, der Science Fiction-, Fantasy-, oder Teenieserie, oder der Comedy- und Knastserie rubriziert.

Friederike Janshen und Sabine Schönfeldt widmen sich dem Genre der Krimiserie und richten ihre Aufmerksamkeit auf das Spiel von Varianz und Invarianz, das die Handlung trägt. Durch verkleidete Eingriffe im TATORT lenken sie die Aufmerksamkeit auf die immer gleichen roten Handschuhe, die den sprichwörtlichen roten Faden  bilden, den Genuß am Moment der Wiederholung entstehen lassen, und die zugleich zu Veränderungen beitragen.


Helene von Oldenburg nutzt den im Zuge ihres Forschungsprojekts der experimentellen Arachnologie [Arachne, griech.: Spinne]  entwickelten "Netzquotienten", den NQ, der als Klassifizierungsgrundlage für jede Art von Netz geeignet ist, für die Analyse der in der Ausstellung Serialität: Reihen und Netze vorgenommenen künstlerischer Formulierungen von Serialität und Vernetzung. Für die Unterscheidung der verschiedenen ästhetischen Figuren kommen Parameter wie Fadenfrequenz, Wiederholungsalgorithmus und der Knotenaspekt zum Zuge.


Der bereits genannte, sprichwörtliche rote Faden spielt als strukturbildendes Moment in  Doris Köhlers und Ulrike Bergermanns Analyse von Michael Joyce Hyperfiction Twelve Blue  eine Rolle. "Fäden", "Stränge" und "Knoten" der Romanstruktur werden verfolgt. Mit der Analyse von Struktur und Inhalt wird die Frage aufgeworfen, ob der (rote) Faden in der Hyperfiction eine nichtlineare oder multilineare Struktur ist ? 


Elisabeth Strowick fragt– von Jacques Derridas Charakterisierung des Zeichens als Wiederholungsstruktur im Sinne einer Differenzstruktur ausgehend– nach der semiotischen Beschreibbarkeit von Serialität als Wiederholungsphänomen. Durch die Konstellation dieser Fragestellung mit linguistischen, dekonstruktiv-rhetorischen und psychoanalytisch-feministischen Konzepten charakterisiert sie Wiederholung als Performanz.


Claudia Reiche liest in ihrer Analyse des us-amerikanischen Spielfilms Copycat, in dem ein Serienmörder San Francisco in Atem hält, wobei das besondere an ihm ist, daß er die Methoden anderer Serienmörder kopiert, zwischen den Bildern und fragt nach dem Seriellen als Strukturprinzip. Sie entwirft eine Lektüre des Films, in der das tradierte Geschlechterverhältnis unterwandert wird.

 

• Serialität als Netzstruktur – Ausstellung

In der Ausstellung von Serialität: Reihen und Netze ist eine Konstellation von Arbeiten hergestellt, die üblicherweise aufgrund ihrer Technik in eine lineare Abfolge, in eine Entwicklungsgeschichte eingeschrieben sind, wie etwa in diejenige, die vom Bild zur Malerei und zum Ausstieg aus dem Bild zur Installation führt und schließlich weiterleitet zu den neuen Medien der virtuellen Welt. Das Nacheinander dieser Reihe soll durch die möglich werdenden Korrespondenzen zwischen den Arbeiten in ein Nebeneinander von Verschiedenem überführbar werden.

 

1971 schrieb der Kritiker John Anthony Thwaites in Art and Artists über Hanne Darbovens künstlerische Arbeit: "Hanne Darbovens Kunst offenbart Mutationen, für deren Analyse ich mich nicht kompetent halte … Eigentlich sollte sie in einer Welt der Computer und der elektronischen Kunstwerke ihren Platz finden können. Sonst besteht nämlich die Gefahr, daß ihr Werk zu einer Art von höherem Stricken verkommt, mit all den verbundenen Qualitäten der Geduld und der Detailgenauigkeit – viel mehr liegt da nicht drin. Entweder eine Pionierin oder eine Penelope des 20. Jahrhunderts."[5]


Mit der Webstuhlarbeit von 1996 bringt Hanne Darboven diese Kritik von Thwaites in Erinnerung. Der Untertitel der 344 Blätter umfassenden Arbeit lautet: "Am Burgberg / meiner Mutter / meiner Kindheit / postum a higher / knitting Penelope".

Hanne Darbovens Verfahrensweise der Wiederholung, wie sie bereits in Sechs Filme nach sechs Büchernüber 1968 (1968) zum Zuge kommt, markiert aus historischer Perspektive einen Anfangspunkt. Einen Anfangspunkt jedoch, der aus der Neukonstellation der Arbeiten hervorgeht. Nachträglich kann Darbovens serielle Arbeitsweise mit einem neuen Serienkonzept in Beziehung gesetzt werden, das nicht in der Figur der Reihe, der Linie, der Homogenität und des Nacheinanders aufgeht, sondern die Figur des Netzes miteinbezieht.
 

Die serielle Struktur des Netzes kommt bei Helene von Oldenburg ins Wanken. Sentimentalität oder die Qudratur des Knotens– eine"singende" Spinne, die in einem Knäuel des sie am Leben erhaltenden Fadens gefangen ist. Dias aus dem umfangreichen Archiv der Künstlerin zum Netz werden auf die Szene der Verwirrung projiziert.

Serielle Wiederholungen artikulieren Prozesse und bringen Differenzen hervor, häufig minimale, kaum bemerkte Nuancen: so etwa Ina Hattebier in ihren Videoarbeiten, in der vier verschiedene Tätigkeiten gezeigt werden, wie das Werfen von Bohnen und die Gruppierung des Hingeworfenen zu einer ästhetischen Form. Während die Videos jeweils einzeln betrachtet werden können, überlagern sie sich durch den gleichzeitig zu hörenden Ton.

Bea Schlingelhoff zeigt ein seltsam anmutendes Objekt, ein von einem deutlich hörbaren Fön aufgeblasenes Flugzeug mit doppelter Spitze. Dieses ist in Teilen von einer grünen Buntstiftzeichnung verdeckt. Die monotone Tätigkeit der Herstellung der Strich an Strich gezeichneten Verhüllung erinnert an serielle Prozesse zwischen Meditation und Automation. Das Grün der Zeichnung läßt an die durch Fernsehserien vertraut gewordene Situation einer Operation denken und bringt hierdurch die zahlreichen Arztserien unseres Fernsehalltags mit einem Augenzwinkern ins Spiel. Zugleich scheint das Objekt nicht so recht im Serienkonzept aufgehen zu wollen, was aber ist mit den Löchern im Netz, die konstitutiv sind für die Netzstruktur?

Ellen Wolffs auf den ersten Blick monochrom-schwarze Bilder zeigen feine Strukturen, die aus einem klar strukturierten Zeichnungsprozeß aus sich überlagernden horizontalen und vertikalen Linien gebildet werden. Unvorhergesehen verbinden sich getrennte Linien durch das Zusammenfließen der Tusche, stören das Regelmäßige des Gewebes. Die Künstlerin unterstützt diese "Störungen", indem sie der Abnutzung der Arbeitsmaterialien, dem Breiterwerden ihrer Federn Raum läßt.


In ihrem Delfina Projekt Mai 1999 setzt Heike Walter wissenschaftlichen Verfahrensweisen vergleichbare Untersuchungsmethoden ein. Sie ließ zehn Frauen einen Monat lang ihr tägliches Befinden bewerten, die Skala von 1 bis 12 nutzte sie als Unschärferaster für den Ausdruck digitalisierter Paßfotos und schuf so, mit den Aufzeichnungen in Serie, individuelle Bilder.


Birgit Brenner entwirft mit Angst vor Gesichtsröte 3. Akt das Porträt einer Frau, indem sie sie zur Protagonistin immer wieder neuer Arbeiten macht, ihr Gegenstände, Fotografien und Texte widmet, und so nach und nach eine Lebensgeschichte entstehen läßt.

In der Arbeit Christiane Fichtners treten Gebrauchsspuren hervor, die durch das Tragen von Kleidungsstücken entstehen. Die Künstlerin bringt die Veränderungen eines Serienprodukts in den Blick.

Ilze Orinska malte über 32 Tage jeden Tag ein Laubblatt. Die Formelhaftigkeit der Wiederholung, die immer gleiche Setzung des gemalten Blattes auf das Blatt Papier, erinnert an Darstellungen botanischer Lehrbücher und doch zeichnet die Künstlerin nicht allein die Struktur des Blattes nach, sondern läßt die Malerei in ihrer verführerischen Kraft selbst hervortreten.


Die seriellen Wiederholungen kennzeichnen jedoch auch Prozesse des Scheiterns von Fixierungen und Benennungen. Der Hund, den Marie José Burki in ihrer Videoarbeit Les Chiens ununterbrochen zeigt, ein Jack Russel Terrier, dessen Art noch nicht als eigene Rasse anerkannt ist, blickt nach links, nach rechts und zu den Betrachtern hin, scheint ab und zu auf die litaneiartig vorgetragenen Rassenamen zu reagieren und ist dennoch nie angesprochen.


Serialität wird von den Künstlerinnen als Produktionsverfahren benutzt, um etwa Landschaftsserien herzustellen, um sich in verschiedenen Reproduktionsschritten einem Gegenstand anzunähern oder aber, um computergenerierte Bildserien zu erzeugen. Bettina Blohm konstruiert ihre Bilder mit Hilfe von Verfahren formaler und farbbezogener Umkehrungen und Kombinationen. Sie konstituieren die Arbeiten als Serie, die in der Abfolge der Bilder eine spezifische Dynamik entwickelt. Das Querformat ist essentieller Teil der Komposition, es erinnert an das Cinemascopeformat des Films und an Panoramen.


Heike Breitenfeld nähert sich mit ihren, in verschiedenen Reproduktionsschritten bearbeiteten Fotografien der japanischen Kultur durch Alltägliches und im Alltäglich an. Sie füllte ihre Plastikbrotdose während eines Arbeitsaufenhaltes in Tokyo dreimal täglich mit neuen Nahrungskombinationen und transformierte und übersetzte damit die japanische Kultur in den westlichen Ablauf von Frühstück, Mittag und Abend. Von links nach rechts gelesen, wird in ihrer Arbeit die Annäherung an die Kultur deutlich; die Lebensmittel, die unseren Augen verführerisch dargeboten sind, werden immer fremdartiger.


Cornelia Sollfrank treibt die vorgestellten Möglichkeiten des Seriellen mit dem Medium des Computers auf die Spitze. Sie beauftragte drei ProgrammiererInnen mit demselben Konzept ihres Kunstgenerators. Die Netzkunst-Generatoren, die bildlich oder textlich ausgerichtet sind, kombinieren die Web-Sites, die von Suchmaschinen, nach der Angabe von Name und Stichwort, angesteuert werden. Die Programmierung ermöglicht die Kunstproduktion, die wir als Anwender in Gang setzen. Programmierer, Anwender und Maschine werden in dieser Kunstproduktion zu einem Autorenkollektiv vereint.


Das Kochquartett – Anna Postmeyer, Silke Behrmann, Cäcilie Becker und andere– erprobt die serielle Fertigung einer Suppe: aus gleichen Zutaten, mit dem gleichen Kochwerkzeug und nach identischem Rezept bereiten die Köchinnen zeitversetzt eine Suppe. Die Versuchsreihe läßt danach fragen, welche Rolle die Köchin für die Suppe spielt, oder der Geschmack der Probanten für einen schmeckbaren Unterschied zwischen gleichen Suppen spielt. Ist ein Unterschied überhaupt schmeckbar, denn die Suppen sind nur in Reihe, also nacheinander zu schmecken. Läßt sich im Vergleich der Suppen ein Netz herstellen, insofern Suppe zwei mit Suppe 4 vergleichbar ist?











• Filmprogramm Serial/Gender Killer



[1]Vgl. Historisches Wörterbuch der Philosophie. Ritter, Joachim (Hrsg). Darmstadt 1995, Bd. 9. S. 690ff.

[2]Villem Flusser: Lob der Oberflächlichkeit. Für eine Phänomenologie der Medien. 2. durchgesehene Auflage (1993) Mannheim 1995, S. 24.

[3]ebd., S. 23f.

[4]Vgl. hierzu Walter Benjamins Charakterisierung der archäologischen Tätigkeit in "Ausgraben und Erinnern". In: ders: Denkbilder. Gesammelte Schriften; IV, 1, Frankfurt/Main 1972 - S. 400.

[5]John Antony Thwaites: The Numbers Game. In: Art and Artists Vol. 10 (Januar) 1972, S. 25.

 

Dank an Claudia Reiche, die das spannende Filmprogramm zusammengestellt und organisiert hat, an Heike Walter und Perdita Heise für die Rahmung von Hanne Darbovens Arbeit, an Silke Rotermund und Karen Schirm für die Hängung, an Dolores Castro Ruiz für Schriftverkehr, Video u. a. m., an Guido Joachim für die Hilfe beim Aufbau und an Andrea Sick, ohne sie wäre die Realisierung der konzeptionellen Überlegungen nicht möglich gewesen.