Andrea Sick
Geisterleben. Menschenessen
Die kannibalische Ordnung und ihre magische Wirkung

Die rituelle kannibalische Handlung wie sie in Diskursen der Psychoanalyse, Ethnologie, Theologie und moderner Kosmologie sowie auch in Märchen bis heute beschrieben wird, ließe sich mit folgender Formel zusammenfassen: Der Körper eines Menschen wird aufgegessen, um die geistigen Kräfte und Eigenschaften dieses Menschen abzuwehren oder sich anzueignen. Ein Verfahren, das eigene Weiterleben zu sichern oder zu verlängern. Vorraussetzung für die Entdeckung dieser Ordnung, ist die Entdeckung der Seele als des geistigen Prinzips im Menschen, letztendlich eine Beseelung der ganzen Welt, oder wie Freud schreibt "ein animistisches Denksystem", in dem die Geister leben. Die beschriebene orale Topologie ermöglicht ein sich Einverleiben der Geister. Medium ist der Körper, "Fleisch und Blut". Das Weiterleben, das heißt auch die "therapeutische" Wirkung des Kannibalismus, kann aber nur gesichert werden, wenn das Aufgenommene wieder zur Erscheinung  wird, wenn in der Metaphorik der Photographie gesprochen: die Kamera frißt, was sie dann wieder projeziert. Erst der Übergang zu einer anderen Topologie, der der Produktion und Hervorbringung, garantiert das Leben und so einen Geisterverkehr. Der "heilbringende" Kannibalismus wäre ein Übergangsphänomen, welches sich geradezu anbietet, die Strukutr von modernen kosmologischen Auferstehungsphantasien offenzulegen.

  Arbeitsmaterial zu Geisterleben. Menschenessen
 
  Geisterleben. Menschenessen
 
  Tranchiertechniken

 

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