Anja Krämer

   

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 Konstruktionsweise

 

 

 Auch der Fachwerkbau, der schon seit den Römern bekannt ist, kann als serielle Bauweise bezeichnet werden. Als Skelettbau basiert er auf einem Raster aus Quer- und Längsrahmen, den sogenannten Bundebenen. Diese Bundebenen bilden nicht nur die Außenwände des Gebäudes sondern bestimmen im wesentlichen auch die Lage der Innenwände und damit auch die Raumgrößen eines Hauses. Unter Berücksichtigung der konstruktiven Bedingungen sind die Bundebenen variabel.

 

 

 

 Die gesamte Fachwerkkonstruktion eines Hauses wird Bundebene für Bundebene vom Zimmermann auf einem Richtplatz vorproduziert. Allerdings müssen die Hölzer dabei individuell aneinander angepaßt werden, da es sich nicht wie bei modernen Stahlträgern um Normteile handelt. Mit Hilfe einer Numerierung wird die genaue Lage der Hölzer markiert. Danach werden sie zum Bauplatz transportiert und dort erneut zusammengesetzt. Es gab Zeiten, in denen Fachwerkbauten aufgrund der beschriebenen Produktionsweise zum beweglichen Besitz gezählt wurden, denn die reine Holzkonstruktion konnte jederzeit wieder ab- und an anderer Stelle neu aufgebaut werden.

 

 

 

 

 All die genannten Beispiele widerlegen das gängige Urteil, daß Serialität ein modernes Verfahren ist.

 

 

 

 Bauaufgabe

 

 

 Für gleiche Bauaufgaben wurden häufig bestehende Entwürfe wiederholt oder variiert, sei es als Zitat, als Kopie oder als Serie. Dies gilt vor allem für das Aufkommen neuer Bauaufgaben, man denke nur an die Bahnhofsbauten des 19. Jahrhunderts. Besonders anschaulich ist ein Beispiel aus dem Bereich der Denkmalbauten: Um 1900 entstanden in Deutschland etwa 400 Bismarcktürme, darunter knapp 50 nach einem einheitlichen Entwurf des Architekten Wilhelm Kreis.[3]

 

 

 

 Die Verehrung von Reichskanzler Bismarck hatte schon zu dessen Lebzeiten Ende des 19. Jahrhunderts begonnen. Ihren Höhepunkt erlebte sie in den ersten 15 Jahren nach dem Tod des Kanzlers. Neben den Turmbauten wurden Äpfel, Heringe, Sonnenblumen, Straßen und Plätze nach Bismarck benannt. Als

"Hüter des Reichs" war Bismarck Ideal- und Kultfigur der Zeit.


 

 Die Turmbauten wurden von Bismarckvereinen betrieben. Ganz wesentlich förderte aber auch die Deutsche Studentenschaft die Errichtung der Türme. Sie schrieb 1898 einen Architektenwettbewerb aus, um Bismarck mit einer mächtigen, überregionalen Aktion zu ehren. Im Ausschreibungstext heißt es:

"Wie vor Zeiten die alten Sachsen und Normannen über den Leibern ihrer gefallenen Recken schmucklose Steinsäulen auftürmten, deren Spitzen Feuerfanale trugen, so wollen wir unserem Bismarck zu Ehren auf allen Höhen unserer Heimat, von wo der Blick über die herrlichen deutschen Lande schweift, gewaltige granitene Felsensäulen errichten. Überall soll, ein Sinnbild der Einheit Deutschlands, das gleiche Zeichen erstehen, in ragender Größe, aber einfach und prunklos, auf massivem Unterbau eine schlichte Säule, nur mit dem Wappen und dem Wahlspruch des eisernen Kanzlers geschmückt. Keinen Namen soll der gewaltige Stein tragen, aber jedes Kind wird ihn dem Fremden deuten können: Eine Bismarcksäule".[4]

 

 

 Sieger des Wettbewerbes wurde der Architekt Wilhelm Kreis[5] mit seinem Entwurf "Götterdämmerung". Daneben hatte er noch zwei weitere Entwürfe mit Namen "Eroica" und "Wuotan" eingereicht. Über ganz Deutschland verstreut wurden 47 Säulen nach dem Typ "Götterdämmerung" gebaut, so z.B. in Augsburg, Stuttgart, Wuppertal, Hildesheim, Erfurt, Würzburg oder Marburg. Andere Städte beauftragten regionale Architekten oder variierten die Formen des Kreis'schen Entwurfs.

 

 

 

 Das Beispiel der Bismarcktürme zeigt, daß Serien nicht per se ein demokratischer Aspekt zugesprochen werden kann. Die Wiederholung demonstrierte hier eindeutig Macht, Stärke und Überlegenheit.

 

 

 

 

 SERIEN IM UMFELD DER DENKMALPFLEGE

 

 

 

 Anhand von zwei Beispielen, einem gotischen Bürgerhaus aus Danzig und einem barocken Bürgerhaus aus Mainz soll dem Thema der Serie im Umfeld der Denkmalpflege nachgegangen werden.

 

 

 Bürgerhaus Danzig

 

 

 1823 wurde in Danzig ein spätgotisches Bürgerhaus in der Brotbänkengasse 14 abgebrochen. Dies geschah, obwohl man sich des besonderen Werts des Hauses bewußt war. Bereits 1821, also zwei Jahre vor dem Abbruch war eine Zeichnung der reich verzierten Fassade im 1. Band der Reihe "Denkmaehler der Deutschen Baukunst" von Georg Moller veröffentlicht worden.[6] Dieser Band stellt in etwa 70 Tafeln die"deutsche Baukunst des Mittelalters" vor.

Neben prominenten Kirchenbauten wie dem Wormser Dom, dem Freiburger und dem Straßburger Münster finden sich nur wenige profane Gebäude. Eines davon ist das Danziger Haus.

   
   
 
 
     

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