Zu der Computerpräsentation
bodyscan
von Eva Wohlgemuth

Christina Lammer-Laufenstein
über Eva Wohlgemuth´s   bodyscan

Die Künstlerin Eva Wohlgemuth (Wien) hat ihren Körper 1997 in Monterey (Kalifornien) einscannen lassen. Ihr >>Bodyscan<< umfaßt die Oberfläche einer Figur ohne Innenleben, ohne fleischliche Substanz, eine ausgehöhlte Hülle, die NICHTS bedeckt, eine digitale Körperlandschaft, ein simuliertes Püppchen.

Eva ist - neben der namensgleichen "Visible Woman" - eine der ersten Frauen, die eins zu eins in Datenform im Netz zirkulieren. Ihr Körper wird von Kopf bis Fuß vom Computer abgetastet, in ein sogenanntes dreidimensionales Wireframe (Koordinatensystem) übersetzt, das ihre Oberflächenstruktur in ein aus Punkten und Linien bestehendes Gerüst verwandelt.

Alle Öffnungen sind dicht verschlossen, das engmaschige Gewebe hebt sich als glatte - dreidimensionale - Haut vom Bildschirm ab. Die Puppe in ihrer reinsten Form, leere Statue, begibt sich auf die Suche nach ihrem Ich-Knoten. Befreit von Fleisch und Blut, durch und durch Plastikpüppchen, am Bildschirm ablesbare Maske, die sich vom Gesicht, vom Körper löst.

Das letzte Stadium der Verpuppung ist angebrochen, ein steriles Zeitalter, in dem geschlechtslose Wesen oder wie Jacques Lacan sie nennt, "Lamellen" hervorgebracht werden, die sich darauf beziehen, "was ein geschlechtliches Wesen in der Geschlechtlichkeit verliert", auf ihre Unsterblichkeit.

Jene Begegnung mit der Verwörtlichung des Fleisches oder vielmehr die (elektronische) Reise mittendurch das gereinigte NICHTS geschieht unter dem Vorzeichen des gelöschten Geschlechts, das nur noch als Attribut - als Rest - im Netz auftaucht.

Organismus ohne Orgasmus, berührungslose Durchdringung; als positiv(iert)es Objekt, das aus sich selbst - wortlos - spricht, trifft die Information des  (großen) Anderen oder vielmehr des Einen den Kern unseres Daseins. Als Puppe ist Eva Wohlgemuths Bodyscan gleichermaßen die wortwörtliche Realisierung des Verlangens nach Unsterblichkeit, direkt in den buchstäblichen Faden des Lebens eingewickelt, in der Matrix programmierbar; in der Berührung unberührt, in der Vitalität totgesagt, in der symbolischen Ordnung reine Fiktion und Simulation.

All jene >>Befreiungen<< sind in eine technologische Machbarkeit eingeschrieben, von der wir als Lebewesen Mensch nicht mehr zu trennen sind. >>Befreit<< wovon? Vom Körper, von an der Sexualität hängender Fortpflanzung, von der Mutterrolle, vom Blick, vom Mann, vom Geschlecht an sich, vom Tod? Im sprichwörtlichen Sinne völlig >>von der Rolle<<; freigesetzt wofür? Für die ewige Jugend, das unendliche Leben? Für die Suche nach dem Ich-Knoten, den Eva Wohlgemuth mit ihrem elektronischen Bodymapping nicht nur aufspürt, sondern neu bespricht und kreiert.

Die Dissertation der Autorin über
"Eine Anatomie des Blicks"
wird im Frühling 1999
beim Wiener Verlag
Turia & Kant
unter dem  Titel 
"die puppe"
erscheinen.

    Der "I-'node'" ("Ich - Knoten")

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